: Gurkenkönig vom Mittenwald
■ Georg Ringsgwandel trullatrullatheatert zu Prince, Rod Steward, eigener und sonstiger Leute Musik / Zur Bedeutung der Frottee-Umkleidekabine
TIL will ein Autogramm von Schorsch. Schorsch ist Bassist. Zum '85-'87-Programm vom Ringsgwandel Georg saß Schorsch im Lederoutfit und mit Sonnenbrille stundenlang ruhig auf der Bühne. Dann machte er ein heftiges Baß-Solo. Das hat TIL geliebt. TIL wird enttäuscht sein von „Trulla! Trulla!“.
Ich aber liebe „Trulla!Trulla!“. Schorsch kommt im JET -Tankwartkittel und nach der Pause im Trachtenanzug. Das steht ihm auch gut. Und eine neue Idee hatte er auch. Schorsch spielt den Baß zur Zugabe hinterrücks. Und zwar im Wortsinn.
Georg Ringsgwandel. Ende der 70er bloß Ab-und-zu -Gurkenkönig von Mittenwald vor Münchner Kleinkunstcafeasten. Seit '85 hat er ein ganz abendfüllendes Programmm. Das erste war „Das Letzte“. Schauderschönes Gri
massen-mit-schlechter- Haltung-Musik-und-Verkleiden-Theater. „Das Letzte“ fanden alle klasse.
„Trulla!Trulla!“ ist leiser. Darum liebe ich es. Da steht einer im braunweißen Karoanzug mit Gabardinhose und Platthaar. Selbst wenn er nichts täte, sähe er spaßig aus. Er singt aber, redet bayrisch für Norddeutsche ins Auditorium, hüpft, schwebt und tänzelt auf alleralbernste Art durch die Gegend, schürzt den rosarotgeschminkten Mund unter der Märchenonkelnase, schaut triefäugig und stets verzerrt daher, steigt in den Gitarrenumhängegurt wie andere Leute in die Hose und gurrt, fiept, charmeurt, schönsingt solch Lieblingszeilen wie „Heut spüalt der Plattzido Domingo in der Olympiahoalle, doas is a müönschlich fainer Zuag, döar spüalt füar uns oalle„. So in etwa.
Er süddeutscht auch zu Kohls prima Englischkenntnissen, zu Gauweiler („Iiiis dös a Begriff hiiar - der wo bei uns Staatssekretär woar“) und Aids und Inzest („Machs ma mit der Mutti“), zu Wohnmobil-Schluffi-Hippies, der Liebe und dem Sinn des Lebens („Koannst niiax miatneahma“), zur Idiomatik des Psychoheinis (Einbringen & Co.), zu Gott („Papst gsehng“), der Welt,
dem Schicksal und Frotteeum hängeumkleidekabinen.
Man trinkt leicht ein paar Bier dazu, klatscht für alle, alle Zugabe, weil - vielleicht spielt er ja
noch das ganze alte Programm hintendrein. Tut er nicht. „Gute Nacht, die Damen, die Damen, gute Nacht“.
Petra Höfer
DIX, 20.30 bis ca. 23.30
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