Mut zur Verweigerung!

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(„Stadtgespräch“, SFB III, Mi., 17.12., 20.15 Uhr) Das mußte ausgerechnet dem armen SFB-Moderator Harald Karras passieren, der er doch immer brandheiße Themen aufgreift und sich ernsthaften demokratischen Diskussionen furchtlos stellt! Da mußte er doch tatsächlich hinnehmen, daß eine Frau in seine nette Männerrunde einbricht, in der es um ein so wichtiges Thema wie „40 Jahre Freie Universität Berlin“ geht und wo er doch so ungemein bedeutende Persönlichkeiten dazu geladen und sogar daran gedacht hatte, einen Studenten (!) vom AStA einzuladen!

Und da will der diese freundliche Einladung gar nicht wahrnehmen, sondern sie an einen sogenannten Besetzerrat abgeben, und der schickt dann doch tatsächlich eine Frau!

Schließlich hatte er sich eine solche Mühe gegeben, Klaus Schütz, Kreibich, Heckelmann, Schwan und Gerlach zu dieser illustren Runde zusammenzubringen. War er doch dann auch noch so nett gewesen, diese Frau sogar zu Wort kommen zu lassen („So, jetzt dürfen Sie auch mal was sagen!“), und dann erdreistet die sich einfach, die Forderungen der Studenten vorzutragen. Etwa solche nach interdisziplinärer Zusammenarbeit der Institute, nach Aufhebung der Trennung zwischen Forschung und Lehre, oder nach verstärkter Frauenforschung. Und dann wollen sie auch noch den Einfluß der kapitalistischen (so ein Wort darf man doch gar nicht in den Mund nehmen!) Wirtschaft zurückdrängen und gar noch eine 50prozentige Quotierung für Frauen bei der Stellenbesetzung einführen. Nein, das ging entschieden zu weit. Da mußte Mann eingreifen!

„Moment mal, würden Sie den Zuschauern das mal etwas näher erläutern...“ oder „Wir wollen hier doch ernsthaft diskutieren...“

Aber Miriam Töder (?) war um einiges zu hartnäckig, obwohl sie zugab, das erste Mal bei einer solchen Sendung dabei zu sein und es ihr absolut nicht leicht falle. Selbst als er mit der Redezeit argumentierte, konterte sie damit, daß sie schon lange fertig wäre, hätte er sie nicht dauernd unterbrochen. Da war er nun doch beleidigt: „Das sagen sie alle!“, grummelte er.

Und zum Schluß ruft diese Person vor laufender Kamera kämpferisch alle StudentInnen dazu auf, sich an den Protestversammlungen zu beteilingen und alle Unis zu bestreiken! „Jetzt ist aber genug!“, rief er erbost. Als wäre das nicht schon der Gipfel an Frechheit, steht diese Frau auch noch auf und erklärt, daß sie sich weigert, mit Herren wie Heckelmann und den anderen zu diskutieren und geht einfach aus der Sendung. Und das live!

Das muß ihm wohl noch arge Kopfschmerzen bereitet haben, ob nicht doch angesichts deren Verlaufs er ein schiefes Bild seiner aufrechten demokratischen Gesinnung abgegeben haben könnte, denn am darauffolgenden Donnerstag beeilte er sich, in einem Kommentar in der Abendschau darzulegen, daß er die Forderungen der StudentInnen selbstverständlich unterstütze, nur (und da erhob sich der sprichwörtliche Zeigefinger) müsse man aufpassen, daß nicht etwa wie '68 linksradikale Grüppchen ihr umstürzlerisches Süppchen auf den Forderungen der Studierenden kochen! Wohl wahr, Herr Karas!

sim