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Scandic bereichert Bremen

■ Scandic-Crown baut 240-Betten-Hotel / Eine unfertige Ecke wird mit 70.000 Kubikmetern umbauten Raumes erfüllt und an das Spielkasino angeschlossen

Der Platz an der Martinistraße zwischen Wacht- und Böttcherstraße war seit dem Kriege ein Denkmal der Unfertigkeit - da war eigentlich nichts, also ein Parkplatz in der Mitte. Rundherum kann, wer sich über die Wilhelm -Kaisen-Brücke der Bremer City nähert, indiskrete Einblicke in die Rückseiten der Fassaden und hinteren Wände unterschiedlichster Gebäude nehmen. Einzelne der tristen Ansichten wurden vor einigen Jahren grell und bunt angemalt, aber vorzeigbar wurde die Ecke dadurch nicht. Das Problem dieses Grundstückes, so sagt der frühere Senatsdirektor für das Bauwesen, Eberhard Kulenkampff, war der überhöhte Grundstückspreis. Mehr als zehn Jahre lang haben sich immer wieder Hotel-Ketten für die Ecke interessiert - und schließlich nicht zugeschlagen, weil der Nutzen aus dem möglichen Bauvolumen die Grundstückskosten nicht tragen würde.

Und nun soll 1990 doch ein Ho

tel hier eröffnen, am 15.9. war Baubeginn. Um auf den 3200 Quadratmetern Fläche ein Viersterne- und 240-Betten-Hotel mit insgesamt 70.000 Kubikmeter Bauvolumen aufsetzen zu können, muß für die vierstöckige Tiefgarage die „tiefste Baugrube Bremens“ gebuddelt werden. Nach oben sollen die beiden obersten Stockwerke in einem heruntergezogenen Tonnendach optisch versteckt werden, so daß die Traufe sich an die nebenstehenden, nur vierstöckigen denkmalgeschützten Häuser der Böttcherstraße anpaßt. Auch nach vorn, zur Martinistraße, quillt das Gebäude über das Grundstück hinaus, Bürgersteig und Radweg sollen unter den „Arkaden“ des Hotel-Gebäudes hindurchgeführt werden.

Das „Haus Atlantis“ in der Böttcherstraße wurde von der schwedischen Investmentgruppe gleich mit eingeplant, dort sollen u.a. Tagungsräume untergebracht werden. Damit die Gäste

ungesehen ins Spielkasino kommen, soll eine „Seufzerbrücke“ vom Haus direkt über die Böttcherstraße führen - in Schweden darf man nur für eine Krone setzen, das sind umgerechnet 30 Pfennig. Die Hotel-Kette, die in Schweden und Dänemark bereits flächendeckend vertreten ist und in der Bundesrepubblik zu fünf bestehenden „Crown„-Hotels derzeit sechs weitere Häuser (um)baut, rechnet für ihre Touristen -Gruppen auch mit der Attraktion der Adresse: „Böttcherstraße 2“ wird die Postanschrift sein, Reisebusse allerdings müssen von hinten, von der Wachtstraße kommen.

Die Schwierigkeiten der dreijährigen Verhandlungen mochten die Vertreter der „Scandic Crown“ beim Presseempfang in Bremen nicht mehr ausbreiten. Nur soviel: „Das Fehlen eines Bausenators hat uns sehr weh getan“, niemand habe ein „Machtwort sprechen“ können.

In Wahrheit ist es wohl kompli

zierter. Als es noch einen Bausenator gab, hatte der gegen das überzogene Bauvolumen ein „Machtwort“ gesprochen. „Als Meyer und ich da waren“, so erinnert sich der Senatsdirektor Kulenkampff, da war „keine Lösung in Sicht“ und auch den „Einbruch in die Böttcherstraße“ findet er heute noch „unerträglich“. Noch ist auch der Konflikt mit dem Bremer Amt für Denkmalpflege nicht ganz ausgestanden, das eine oberflächliche Anlehnung an die historische Fassade der Böttcherstraße verhindert sehen will.

Vor der Hotel-Konkurrenz, die heute schon vom „Bettenberg“ in Bremen spricht und sich gegen jeden „Neuen“ wehrt, hat der Scandica-Geschäftsführer Windhäuser keine Bange: „Wenn es viele Angeln gibt und nur wenige Fische, dann entscheidet der beste Köder.“ Scandic Crown soll „erstklassischen Schwedischen Service“ haben und dennoch nur um die 200.- pro Einzelzimmer kosten.

K.W.

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