: Erste Schweizer Ministerin stürzt über Gatten
Der Herr Gemahl wird öfter im Zusammenhang mit einer riesigen Drogen-Geld-Waschanlage genannt / Als Justizministerin war sie über die Ermittlungen bestens informiert / Rechtzeitiger Tip an den Ehemann /Intakte Ehe stößt auch den Vereinigten Staaten sauer auf ■ Aus Basel Thomas Scheuer
Die schweizerische Polizei- und Justizministerin Elisabeth Kopp ist über die dubiosen Finanzgeschäfte ihres Ehegatten gestürzt: Nur wenige Tage, nachdem Frau Kopp, das erste weibliche Regierungsmitglied in der Geschichte der Schweiz, vom Parlament auch noch zur Vize-Präsidentin der Alpenrepublik bestellt worden war, erklärte sie am Montag in Bern ihren Rücktritt.
Anfang November dieses Jahres war der bisher schwerste Fall von Geldwäscherei in der Schweiz bekanntgeworden: Eine sogenannte „Libanon-Connection“ hatte über helvetische Großbanken Drogengelder in Höhe von fast zwei Milliarden Mark gewaschen. Familie Kopp geriet doppelt ins Gerede: Rechtsanwalt Hans W. Kopp war erst wenige Wochen zuvor aus dem Verwaltungsrat der Goldhandelsfirma Shakarchi AG ausgeschieden, die möglicherweise im Geflecht der „Libanon -Connection“ eine Rol- le spielte. Seit über zwei Jahren liegt der Entwurf eines Strafgesetzes über Geldwäscherei unerledigt in Bern - in der Schublade von Justizministerin Elisabeth Kopp. Fragen nach der Fähigkeit der Ministerin, ihre Familienangelegenheiten sauber von ihren Amtsgeschäften zu trennen, waren schon früher laut geworden: Erst vor wenigen Monaten war bekannt geworden, daß Ermittlungen gegen den Ministeringatten Kopp wegen Steuerhinterziehung äußerst schleppend verlaufen.
Am vergangenen Freitag nun, nur zwei Tage nach ihrer politisch umstrittenen Wahl zur Vize-Bundespräsidentin, gestand Frau Kopp ihren verdutzten Minister-Kollegen, daß sie selbst ihrem Ehemann einen entscheidenden Tip gesteckt hatte: Nach einem „inoffiziellen“ Hinweis einer Referentin, so Frau Kopp, wonach die Shakarchi AG, deren Vize-Präsident ihr Gatte damals noch war, in die Deals der „Libanon -Connection“ verwickelt sein könnte, habe sie ihren Mann informiert und ihm empfohlen, sofort aus dem Verwaltungsrat der Firma auszutreten: Hans W. Kopp tat es noch am gleichen Tag. Unklar ist, ob er seinerseits weitere Finanz-Mafiosis warnte.
Während die Ex-Ministerin nach ihrem Rücktritt nochmals bekräftigte, „weder juristisch noch moralisch Schuld“ auf sich geladen zu haben, warfen ihr einzelne sozialdemokratische Abgeordnete „Amtsmißbrauch“ und „Amtsgeheimnisverletzung“ vor. Dennoch verzichteten die Sozis vorerst auf eine ursprünglich erwogene Strafanzeige gegen Frau Kopp.
Beim Rücktritt Frau Kopps, die der wirtschaftsfreundlichen Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) angehört, dürften indirekt auch atmosphärische Verstimmungen zwischen der Eidgenossenschaft und den USA mitgespielt haben: Zwischen den Justizministerien in Bern und Washington laufen derzeit heikle Verhandlungen über ein neues Rechtshilfeabkommen zwischen beiden Ländern. Die USA sind stinksauer, weil sich in der Vergangenheit mehrere hochkarätige Finanzjongleure dem Zugriff der US-Finanzbehörden in die Paragraphen-Oase Schweiz entziehen konnten. Einige entscheidende Tips auf die „Libanon-Connection“, so wird gemunkelt, seien aus den USA gekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen