piwik no script img

Hormonmäster in NRW aufgeflogen

Viehmäster mit „Wachstumsförderer“ Clenbuterol für gut 9.000 Kälber erwischt / Mastmittel für 20.000 Kälber verteilt / Hormonmafia lieferte über Holland / Ermittlungen gegen sieben Mäster  ■  Aus Düsseldorf J. Nitschmann

Vier Monate nach der Aufdeckung des bislang größten Hormonskandals in der bundesdeutschen Kälbermast ist den Ermittlungsbehörden ein weiterer Schlag gegen die illegalen Tiermäster gelungen.

Wie NRW-Landwirtschaftsminister Klaus Matthiesen (SPD) am Montag in Düsseldorf vor der Presse mitteilte, haben Polizei und Staatsanwaltschaft am vergangenen Wochenende bei einem Viehhändler im westfälischen Everswinkel (Kreis Warendorf) insgesamt neun Liter des verbotenen „Wachstumsförderers“ Clenbuterol sichergestellt. Diese Menge reicht nach Angaben von Experten für die Aufzucht von etwa 8.000 bis 9.000 Kälbern aus. Zugleich beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft sämtliche 500 Kälber des aufgeflogenen Viehhändlers aus Everswinkel, die sich derzeit in den Ställen von sieben verschiedenenen Lohnmästern befinden.

Da der Viehhändler nach der polizeilichen Durchsuchung seines Betriebes offensichtlich ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, beantragte die Staatsanwaltschaft zunächst keinen Haftbefehl gegen ihn. Mit Hinweis auf die andauernden Ermittlungen verweigerten die Behörden konkrete Angaben über die Person des illegalen Tiermästers und den mutmaßlichen Umfang seiner kriminellen Praktiken. Minister Matthiesen teilte lediglich mit, daß der Viehhändler insgesamt bisher 40 Flaschen mit ca. 20 Litern Clenbuterol unentgeltlich an seine Lohnmäster für die Kälberaufzucht weitergegeben haben will. Diese Menge reicht nach Angaben von Experten für die Aufzucht von etwa 20.000 Kälbern aus. Fortsetzung auf Seite 2

Das verbotene Masthilfsmittel wurde in diesem Falle an den Zollbehörden vorbei aus den Niederlanden eingeführt, wo das Tierarzneimittel Clenbuterol seit eini

gen Wochen auch nur noch auf Rezept erhältlich ist. Offensichtlich gibt es jedoch einige namhafte Pharma -Hersteller in Holland, die das bei den Tiermästern als „Hustensaft“ bekannte Masthilfsmittel auch weiterhin ohne Rezept insbesondere auch an bundesdeutsche Viehhändler vertreiben. Gegen den Viehhändler aus Everswinkel wurde von der Staatsanwaltschaft ein Strafermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften (unerlaubte Abgabe von Tierarzneimitteln) eingeleitet. Nach den bisherigen Erkenntnissen sind mindestens sieben Lohnmäster in diesen Fall verwickelt; gegen sie sollen gesonderte Ermittlungsverfahren durchgeführt werden.

Der wegen seiner illegalen Mastpraktiken aufgeflogene Viehhändler gab während seiner ersten Vernehmung an, daß er wöchentlich etwa 300 bis 400 Kälber aus den Niederlanden beziehe und diese zur weiteren Aufzucht an Landwirte verkaufe. Den Wachstumsförderer Clenbuterol habe er von einem holländischen Kälberlieferanten unentgeltlich erhalten, „um bessere Aufzuchtergebnisse zu erzielen“.

Landwirtschaftsminister Matthiesen sagte, der jüngste Fahndungserfolg zeige, daß die international organisierte „Hormon- und Clenbuterol-Mafia“ weiterhin ihr Unwesen treibe. Dieser „Sumpf“ der „internationalen Schieberbanden“ müsse unbedingt ausgetrocknet werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen