: Der Kultur eine Kantine
■ Delmenhorster Initiativen kämpfen für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum in den DLW-Sälen / Demonstration am Samstag / Angebot der Stadt ungenügend
Einen schönen großen Saal gibt es in Delmenhorst. Der ist in der ehemaligen Kantine der Deutschen Linoleum-Werke (DLW) und nebst etlichen Nebenräumen ideal geeignet für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum. Das findet die DLW -Initiative und organisierte deshalb am letzten Don
nerstag eine Demonstration. Rund 100 Leute, „ein bißchen wenig“ findet Peter Rabe von der DLW-Initiative, zogen am verkaufsintensiven Samstag ab 14 Uhr mit Transparenten durch die Delmenhorster Innenstadt, vorbei am Objekt ihrer Begierde, an dem sich vorsichtshalber einige
Polizisten postiert hatten, zum Bahnhof. In einer Phase, in der mit Stadtdirektor und Ratsfraktionen verhandelt wird, sollte die Demonstration das Fortbestehen der Forderung öffentlich sichtbar machen: „Die DLW-Säle bleiben, für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum.“
Zwei Besetzungen sollten dieses Ziel schon durchsetzen helfen. Die erste 1982, die letzte im September 1988. Hatte 1982 die Delmenhorster Polizei die begehrte Kantine mit Hilfe von Oldenburger Kollegen sofort von den BesetzerInnen befreit, so verhandeln anno 1988 immerhin der Stadtdirektor und VertreterInnen der vier Stadtratsfraktionen mit den KulturzentristInnen.
Die Position von Delmenhorsts Stadtdirektor Bernhard Bramlage (CDU) und SPD-CDU-und FDP-VertreterInnen ist die: eine Renovierung der DLW-Säle, von einem Gutachten auf 1.8 Mio. angesetzt, ist zu teuer. Anerkannt wird inzwischen aber der Raumbedarf der KulturzentristInnen. Also bietet man ihnen die fallweise Benutzung von Schul-Aulen, Zuschüsse beim Anmieten von Sälen sowie zwei bis drei Büroräume in einem städtischen Jugendzentrum an.
Die Initiative findet das Ange
bot für ein Kulturzentrum unangemessen, Peter Rabe: „Wir sind doch keine alternativen Rock-Veranstalter.“ Solange wie kein akzeptables Raumangebot da ist, besteht sie auf Veröffentlichung des Renovierungsgutachtens. Dreimal sind ihr Auszüge davon zugesagt worden, dreimal hat sie nichts bekommen. Sie hält die 1.8 Mio. für haltlos überzogen, v.a. angesichts der Bereitschaft, selber mit instandzusetzen, eine Bereitschaft, die etliche BesetzerInnen im September auf Listen schriftlich bekundet hatten. Außerdem verlangt die DLW-Initiative eine sofortige Minimalsanierung des Gebäudes, für das die Stadt jeden Monat 1.000 Mark Miete zahlt und das im Augenblick hauptsächlich von dem Regen genutzt wird, der durch das Dach rinnt.
Vom Abriß der Säle ist im Augenblick nicht mehr die Rede. „So ist das Klima hier nicht mehr“, sagt Peter Rabe. Die Hartnäckigkeit der InitiativlerInnen hat Früchte getragen, außer der Grünen Stadträtin Christel Hein unterstützt sie auch die Berichterstattung des konservativen Delmenhorster Kreisblatt und des Delmenhorster Kurier, einem Ableger des Weser-Kuriers.
U.S.
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