: Noch kommt Wasser aus dem Hahn
■ Aber in zehn Jahren könnte es nitratverseuchte Brühe sein, fürchten Grüne nach Hearing
Noch ist das Bremer Trinkwasser „nicht schlecht“, aber für die nächsten zehn, zwanzig Jahre ist eine „dramatische Entwicklung“ absehbar. Diese Erkenntnis zog der niedersächische Landtagsabgeordnete der Grünen, Hans Mönninghoff, aus einem Hearing, das seine Fraktion mit WissenschaftlerInnen und Geschäftsführern der großen Wasserversorgungsunternehmen in Hannover durchgeführt hat. Als einziger dieser Trinkwasser-Verkäufer hatten sich die Bremer Stadtwerke nicht daran beteiligt. Deren Aufsichtsratsvorsitzender, Bürgermeister Klaus Wedemeier, und sein ganzer Senat „müßten erstmal anfangen, sich für das Trinkwasserproblem zu interessieren“, forderte Mönninghoff.
Tatsächlich ist Bremens Wasserversorgung, seit 1982 die letzten Brunnen in der Weser-Aue geschlossen werden mußten, zu über 90 Prozent vom niedersächsischen Umland abhängig. Doch Harzwasser aus der Sösetalsperre sprudelt ebenfalls schon lange nicht mehr aus Bremer Wasserhähnen. Zwar ist Bremen nach wie vor per Fernwasserleitung mit dem südlichen Niedersachsen verbunden, doch das Wasser fließt inzwischen häufig in entgegengesetzte Richtung. Denn der saure Regen hat im Harz inzwischen soviel Schermetall ausgeschwemmt, daß das Bergwasser mit Grundwasser aus dem niedersächschischen Flachland verschnitten werden muß, um unterhalb der zulässigen Grenzwerte zu bleiben.
Doch auch im Flachland gibt es Trinkwasserprobleme. So nähert sich der Nitratgehalt des Rohwassers im Wasserwerk Liebenau bei Nienburg, das vor allem Bremen beliefert, inzwischen dramatisch dem bundesdeutschen Grenzwert von 50 mg/Liter. In Frankreich hätten viele der Brunnen bereits geschlossen werden müssen. Dort liegt der Grenzwert bei 25 mg/l. Das Nienburger Wasser wird inzwischen bereits mit Wasser aus kaum belasteten Brunnen bei Verden vermischt. „So werden unsere Wasserleitungen zu einem Netz zweiter Güte, Trinkwasser müßte in zehn Jahren aus Flaschen bezogen werden“, befürchtet Mönninghoff.
Neue Wasserschutzgebiete, eine scharfe Gülle-Verordnung, gemeinsame Gesetzesinitiativen der Länder Bremen und Niedersachsen im Bundesrat für ein gezieltes Flächenstillegungsprogramm in der Landwirtschaft, Verbot langlebiger Pestizide und eine Stickstoffsteuer - das sind die Forderungen, auf die sich die Grünen der beiden Länder nach dem hannoverschen Hearing verständigt haben. Die Bremer Abgeordnete Elisabeth Hackstein nannte ein konkretes Gebiet in Vegesack, für das bereits vor 26 Jahren Trinkwasserschutz beantragt worden war. Die Entscheidung ist bis heute nicht gefallen.
Dafür bekommt Bremen noch in diesem Jahr ein zehntes Naturschutzgebiet hinter dem Weserwehr. Dort wo 1981 der Fluß über die Deiche trat, soll nun ungestört auf 35 Hektar beobachtet werden können, welche seltenen Tiere und Pflanzen sich in einer solchen „Urlandschaft“ ansiedeln.
AseU-Satz:!!!!
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