: Verurteilung im „§129-Prozeß“
Das Bayerische Oberlandesgericht verurteilte gestern die 23jährige Janin S. wegen „Werbens für eine terroristische Vereinigung“ zu zehn Monaten Haft / Mitangeklagter wurde freigesprochen ■ Von W.Zimmermann-Hedewig
München (taz) - Die Würfel im Politprozeß gegen die 23jährige Janin S. und den 26jährigen Wolfgang K. sind gefallen. Der dritte Senat des Bayerischen Obersten Landesgerichts verurteilte die Angeklagte S. wegen „Werbens für eine terroristische Vereinigung“ gemäß Paragraph 129a zu zehn Monaten Haft und setzte dieses Urteil für vier Jahre zur Bewährung aus. Wolfgang K. sprach der Vorsitzende Konrad Fichtner frei. Ihm sei ein Tatbeitrag nicht nachzuweisen.
In ihrer Urteilsbegründung gegen Janin S. lehnten sich die Münchner Richter eng an das Plädoyer des Staatsanwalts an. Die Angeklagte soll eine Veranstaltung organisiert haben, in der die RAF durch Redebeiträge und Transparente unterstützt werden sollte. S. habe den Saal für dieses Treffen angemietet und mitgeholfen, den Raum werbewirksam auszugestalten.
Für besonders belastend erachtete der Senat ein Transparent, auf dem die Freilassung von Günther Sonnenberg und die Zusammenlegung der einsitzenden Gefangenen aus RAF und Widerstand gefordert würde. Dieses Verständnis für die Gerfangenen und die damit bekundete Sympathie sei weit mehr als nur eine humanitäre Forderung.
Zweifelsfrei treten beide Angeklagten für die Zusammenlegung der politischen Gefangenen, die derzeit in Hochsicherheitstrakten in strenger Isolation gehalten werden, ein. Dies ergab sich nicht zuletzt aus ihren Prozeßerklärungen. Doch dies, so die Verteidiger Michael Moos und Michael Reiss in ihren Plädoyers, dürfe nicht zur Grundlage einer Verurteilung gemacht werden. Die Übereinstimmung im politischen Ziel müsse ebenso zulässig sein wie die Solidarität mit den Gefangenen. Dem folgten die Münchner Richter nicht.
Verteidiger Michael Moos nach dem Urteil: „Meine schlimmen Befürchtungen sind eingetreten. Aus der Begründung des Gerichts wird der politische Aspekt des Vefahrens deutlich. Das Urteil ist klar der Einstieg in eine Gesinnungsjustiz gegen links.“
Michael Moos will seiner Mandantin die Revision empfehlen, sein Kollege Michael Reiss: „Trotz des Freispruchs für meinen Mandanten bleibt die politische Dimension. Die einsitzenden Gefangenen sollen abgeschottet werden. Was von der Bundesanwaltschaft als 'RAF-Umfeld‘ geortet ist, wird mundtot gemacht.“
Walter Zimmermann-Hedewig
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