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„Wirtschaftliche ist politische Macht“

■ Interview mit Bürgermeister Wedemeier zur Daimler/MBB-Fusion, 2. Lieferung (s. S.8)

taz: Der Leiter des Vertrauenskörpers von MBB hat auf einem SPD-Parteitag vor kurzem erklärt, die Beschäftigten hätten Angst um ihre Arbeitsplätze...

Klaus Wedemeier: Bei Erno auch. Bei solchen Vorhaben muß man immer befürchten, daß Synergie-Effekte eintreten, deshalb ist das verständlich. Darum verhandeln wir ja auch sehr hartnäckig. Es gibt keine Standort-, es gibt keine Arbeitsplatzgarantie, entscheidend ist also, daß festgeschrieben wird, daß das, was man an Aufgaben hat, bleibt, und daß man am künftigen Wachstum teilnimmt.

Von den 900 Arbeitskräften im Bereich Marine-und Sondertechnik arbeiten viele für den Airbus ...

Wedemeier: Das ist ein Problem, zum Beispiel. Da gibt es einen Vorschlag von Daimler-Benz, der wird jetzt in den bilateralen Verhandlungen diskutiert werden müssen, diesen Bereich durch Marine- und Sondertechnik wirklich zu beschäftigen. Das ist im Augenblick durch die Marine -Jagdboote und durch die Drohnen möglich. Die Frage ist aber, was passiert Mitte der 90er Jahre. Alle können sich ausrechnen, daß das mit den Rüstungsaufträgen so nicht mehr weiterläuft. Viele haben das auch gewollt. Da gibt es einen Vorschlag, diesen Bereich auszulasten durch langfristige Verträge mit der Flugzeug-Gesellschaft. Sie würden also weiterhin für den Flugzeug-Bereich arbeiten, aber in Form eines Liefervertrages, weil es zwei verschiedene Firmen sind. Darüber muß jetzt zwischen Bremen und Daimler verhandelt werden.

Fürchten Sie wie der SPD-Landesvorstand, daß der Spielraum der bremischen Politik geringer wird, wenn Daimler und MBB fusionieren?

Wedemeier: Das müßte man konkretisieren, an welchen Stellen Spielräume der Politik geringer werden. Richtig ist natürlich, daß es schon heute der größte Arbeitgeber und Steuerzahler ist, und das ist denen auch bewußt. Wirtschaftliche Macht ist politische Macht. Das spürt man bei großen Konzernen immer, das ist auch in Bremen so. Die Frage ist, wie man sich bei welchen Entscheidungen, wenn die überhaupt Einfluß nehmen wollen, beeinflussen läßt. Beim Kippenberg-Gymnasium, zum Beispiel, haben sie keine Beeinflussung versucht.

In der Verkehrspolitik?

Wedemeier: Da dürfte das etwas anders sein. Das haben wir ja schon damals erlebt bei der Frage „Tempo 120“ auf der Autobahn. Wir haben es dennoch gemacht. Das, was wir diskutieren, das Verkehrskonzept Bremen-Ost, das ist keine Erfindung von Daimler, das ist eine SPD-Erfindung. In die konkrete Diskussion, Beneckendorff-Allee ja oder nein, da mischt sich Daimler nicht ein.

Die sozialdemokratischen Delegierten wissen auch so, was es bedeutet, Daimler in der Stadt zu haben.

Wedemeier: Wenn man das weiß, dann muß man auch wissen, daß man den Autobahnzubringer in Hemelingen machen muß. Ansonsten wird natürlich Daimler-Benz die Konsequenzen für den Standort daraus ziehen. Und das ist auch gar nicht anders möglich - ohne verkehrliche Entlastung würde ein Ausbau der Arbeitsplätze bei Daimler das Chaos in Hemelingen nur noch größer machen.

Interv.: K.W.U-Satz:!!!!

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