: Deutsche Flughafenkontrollen löchrig
■ Britische Zeitung kritisiert Kontrollen auf Airbase Frankfurt / Transportierte in Frankfurt zugestiegener Libanese unwissentlich Bombe? / Bundesinnenministerium verärgert über Spekulation
London/Bonn (dpa/ap) - Die Sicherheitskontrollen am Frankfurter Flughafen und vor allem in London Heathrow sind nach Einschätzung der britischen 'Sunday Times‘ unzureichend. Wie sie nach ausführlichen Recherchen in Frankfurt und London schreibt, machten es die Sicherheitskontrollen an diesen beiden Flugplätzen relativ leicht, eine Bombe an Bord eines Flugzeuges zu schmuggeln. Die 'Sunday Times‘ behauptet, daß von den 70 Gepäckstücken, die in Frankfurt an Bord der PanAm-Maschine gebracht wurden, nur 30 tatsächlich kontrolliert worden seien. Da der Frankfurter Flughafen von der Bombendrohung gegen einen PanAm-Flug informiert worden war, herrschte dort höchste Alarmstufe. Aufgrund der Erfahrungen, die ein Reporter dieser Zeitung drei Tage nach dem Unglück auf einem PA-103 -Flug von Frankfurt nach London machte, bezweifelt die 'Sunday Times‘, ob am 21.12. alle Sicherheitsvorschriften eingehalten wurden.
Die Zweifel richten sich vor allem gegen die Auflage, alle Pässe zu überprüfen und die Passagiere zu befragen, ob sie ihre Koffer und Reisetaschen selbst gepackt hätten und ob sie Gepäck einer anderen Person tragen würden. Als der Reporter der Zeitung drei Tage nach dem Absturz in Frankfurt zustieg, sei der Reisepaß nur flüchtig angeschaut worden, man habe ihm keine detaillierten Fragen gestellt und sein Handgepäck sei unberührt geblieben.
Andere britische Zeitungen berichteten am Samstag über eine Theorie, wie der Sprengstoff an Bord der Maschine gebracht worden sein könnte. Die 'Times‘, der 'Daily Telegraph‘ und der 'Daily Express‘ berichteten, die amerikanische Bundeskriminalpolizei FBI untersuche zur Zeit, ob der 21 Jahre alte libanesische Student Chalid Dschaafar, der als Passagier der Boeing 747 zu Tode kam, unwissentlich den Sprengstoff beförderte, der das Flugzeug zerriß und 270 Menschen den Tod brachte.
Der 'Daily Telegraph‘ berichtete, daß die Familie des Mannes den Verdacht geäußert habe, ihr Verwandter könne, ohne es zu wissen, als Bombenträger benutzt worden sein. Sie habe dem FBI Details über den Umgang und die Reisen des Studenten mitgeteilt. Dschaafar sei aus Frankfurt gekommen und habe über London nach Detroit fliegen wollen, wo sein Vater lebe. Dieser konnte sich das Zustandekommen des Berichts nicht erklären. Die FBI-Beamten, die ihn vernommen hätten, wußten nichts von der Verwicklung seines Sohnes.
Zuvor hatte am Samstag das Bonner Innenministerium einen anderen Bericht der Londoner 'Times‘ als auf reiner Spekulation beruhend zurückgewiesen, in dem es geheißen hatte, die Bombe sei in Frankfurt an Bord des Zubringerflugzeugs geschmuggelt und in London in den vorderen Teil des Jumbo-Frachtraums umgeladen worden. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, Prechtel, bestätigte jenen Teil der 'Times'-Darstellung, in dem es geheißen hatte, in einem Anfang November in Frankfurt ausgehobenen Waffenlager seien fünf Kilogramm Sprengstoff des tschechoslowakischen Fabrikats Semtex gefunden worden, wie er bei dem Anschlag auf die PanAm-Maschine verwendet worden sei. Er betonte aber, daß es absolut keine Hinweise dafür gebe, daß die Bombe in Frankfurt in die Zubringermaschine geladen worden sei. Prechtel bestätigte aber, daß der Verdacht gegen drei in Frankfurt und Neuss festgenommene Mitglieder der Volksfront für die Befreiung Palästina/Generalkommando (PFLP/GC) weiter „mit großer Aufmerksamkeit“ geprüft werde. Am 26. Oktober waren in Neuss der 47jährige Jordanier Abdel Fahhah Dhadanfar und sein fünf Jahre jüngerer Landsmann Hafis Kassem Dalkamoni festgenommen worden. Wie es hieß, hatte Ghadanfar eine Wohnung im Frankfurter Sandweg 28 für Dalkamoni gemietet, in der die Polizei am 1. November große Mengen an Waffen und Sprengstoff fand. Dort sei neben dem Semtex -Plastiksprengstoff unter anderem auch ein Zünder sichergestellt worden, der auf Luftdruckveränderungen reagiert und somit für Explosionen in fliegenden Maschinen geeignet ist. Ein derartiger barometrischer Zünder soll nach Presseberichten auch für den Anschlag von Lockerbie verwendet worden sein.
Die Palästinenser-Organisation Fatah-Provisorisches Kommando hat am Samstag in Damasuks den Anschlag verurteilt. PLO-Chef Arafat soll nach Angaben des 'Sunday Telegraph‘ akzeptiert haben, bei der Suche nach den Attentätern mit der CIA zusammenzuarbeiten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen