SPD im Wahlkampf inkognito

■ Spitzenkandidat Momper wird nicht plakatiert / Die Motive sollen „Gegensätze und Utopien“ zeigen / 2,2 Millionen Mark werden für Wahlkampf ausgegeben

Eines konnte der SPD-Wahlkampfleiter Nagel gestern nicht erklären: Warum nämlich die Sozialdemokraten ihren Spitzenkandidaten nicht plakatieren. Walter Momper, der antritt, den Regierenden abzulösen, wird den BerlinerInnen vorenthalten. Auf keinem der großflächigen Plakatwände wird sein Konterfei zu sehen sein.

In Berlin würden taditionell Parteien gewählt, nicht Personen, hatte Nagel als Erklärung für die Absenz der Köpfe angeführt. „Wir versuchen mal was anderes“, meinte er und nannte das Plakatieren von Köpfen „bieder“. Doch für die Bezirke scheint es gut genug. Die Kreuzberger beispielsweise präsentieren ihren Wunsch Bürgermeister und jetzigen Sozialstadtrat König im Porträt und auch Salomon (Spandau) und Spiller (Wedding) zieren die bezirklichen Wahlplakate. Daß Momper „versteckt“ werde, wies Nagel energisch zurück. Schließlich sei er in den Fernsehspots zu sehen. Außerdem schreibe er an 600.000 Berliner einen persönlichen Brief.

2,2 Millionen Mark geben die Sozialdemokraten für den Wahlkampf 89 aus. 500 Großflächen sind derzeit bereits mit dem Mauerplakat beklebt. Noch in dieser Woche wird das zweite Motiv (eine Punkerin, die einem Polizisten eine Blume überreicht) erscheinen. Beide wurden, wie Nagel nicht ohne Stolz berichtete, nicht von einer Werbeagentur entwickelt, die Ideen seien in der SPD-Zentrale geboren worden. Mit den Motiven habe man versucht, die „Gegensätze und Utopien“ in der Stadt zu thematisieren. Das Motto „Berlin ist Freiheit“ will die SPD nicht im Sinne des kalten Krieges verstanden wissen. Freiheit soll im Sinne von Selbstbestimmung verstanden werden. Daß das Mauerplakat zu Irritationen geführt hat, wollte Nagel nicht verschweigen. Aber, so seine Erklärung: „Wir wollen unsere Plakate nicht erklären, sondern zurückfragen: Was fällt Dir dazu ein?“

Im großen und ganzen sei für die SPD der Wahlkampf aber schon „gelaufen“, sagte Nagel. Für eine Oppositionspartei, die im letzten Wahlkampf nur 32,4 Prozent der Stimmen erhalten habe, müsse es darum gehen, langfristig das Vertrauen der WählerInnen zurückzugewinnen. Die SPD müsse sich darauf einstellen, daß sie sich lange Zeit an die Macht heranarbeiten müsse. Deutlicher wollte sich Nagel nicht zum Abschneiden seiner Partei am 29.Januar äußern. Wichtig sei bei dieser Wahl, das Gefühl zu erzeugen, daß die Partei „im Kommen“ sei.

bf