Austrocknung des Finanzsumpfes

■ Der DFB versucht mit einem neuen Verhütungsmittel gegen die Finanzakrobaten der Bundesliga vorzugehen

Wattenscheid (taz) - Der Deutsche Fußball-Bund wünscht allen Absahnern im Gewerbe Bundesliga ein frohes neues Jahr. Der Transfermarkt soll entsorgt, allen spielervermittelnden Händlern das Wasser ihrer Provisionssümpfe abgegraben werden. Das Geschenk kommt im just neugefaßten, allerdings noch nicht im Zentralorgan der Frankfurter Fußballoberen ('Amtliches Mitteilungsblatt des DFB‘) verkündeten Paragraphen 29 des DFB-Lizenzspielerstatuts daher. Dessen transferrechtliche Basis ist gleichzeitig Überbau für die ökonomische Balance-Basis der Ware Fußball: Der abgebende Verein kann vom aufnehmenden Verein eine Ablösesumme verlangen.

Das ist nicht neu, die irratio legis gilt seit 25 Jahren Bundesliga. „Neu ist“, so erläutert DFB-Ligasekretär Wilfried Straub, „daß das Geld im Kreislauf der Klubs verbleiben soll.“ Zukünftig soll der abgebende Verein das Forderungsrecht auf die Ablösesumme verlieren, wenn es an einen Dritten abgetreten ist. Eben dies ist aber inzwischen gang und gäbe in der Bundesliga.

Beispiel eins: Ein Verein will den Spieler X-Bein kaufen. Da die Clubkasse leer ist, finanzieren Geschäftsleute, zumeist betuchte Herren im Dunstkreis des Vereins, den Transfer. Selbstverständlich gegen Sicherheiten. Gängige Sicherheitspraxis ist die Vorausabtretung des zukünftigen Transfererlöses für den Spieler X-Bein.

Zweites Beispiel: In der Klubkasse herrscht Ebbe und sie wird aufgeflutet durch den „Vorverkauf“ des zukünftig zu erwartenden Transfergewinnes für einen oder mehrere Kicker.

Erstes spektakuläres Exempel für das Beispiel eins war der Transfer des gelockten Liverpoolers Kevin Keegan in den Siebzigern zum HSV. Das keegansche Poolmodell hat in kleineren Maßstäben zahlreiche Nachahmer gefunden. Beide Beispiele stehen für die Akrobatik des Kölner Finanzmaklers Manfred Ommer.

Das einstige Enfant terrible der bundesdeutschen Leichtathletik (Bestzeit über 100 Meter: 10,0 Sekunden) sticht der Frankfurter Fußball-Schaltzentrale wie ein Pfahl ins Auge. Ommer, Präsident des FC Homburg und Mitglied im Verwaltungsrat bei Rot-Weiß Essen („Politiker sitzen in 20 Aufsichtsräten“), hat die Frankfurter Fußball-Verweser weniger mit Nadelstichen wie seiner präservativen „London„ -Werbung in Bewegung gebracht. Dollpunkt ist das „Ommer -Modell“, ein Fußballer-Fonds für Anleger. Ommer erwirbt via Vorausabtretung die Rechte an Transfer-Erlösen. Vereine werden zwar an zukünftigen Ablösesummen beteiligt, häufig mit 40 Prozent, müssen aber Leihgebühren zahlen. Die Rendite für Ommer und seine Anleger stimmt, der Kreislauf des Geldes allerdings geht in die falsche Richtung. Das stille Kapital der Klubs läuft über die Beine der Balltreter in private Beutel. Und damit soll nach dem Willen des DFB Schluß sein.

Ob aber Ommer die Segel gegenüber dem neuen Dekret des DFB streichen wird, bleibt offen. Das Verbot der Abtretung von Transfererlösen an Dritte kennt eine Ausnahme: Finanzierungen und damit auch Vorausabtretungen, die über Banken laufen, bleiben möglich. „Bankfinanzierungen“, so Straub, „sind solide, überschaubar und zinslich im Rahmen.“

Eine kleine, feine Privatbank könnte sehr bald das Geschäft beleben. Manfred Ommer ist Teilhaber des Kölner Bankhauses Götte. Dessen Geschäftsleitung hält „Herrn Ommer für gewitzt genug, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen“. Bleibt abzuwarten, was sich „London„-Werber Ommer im neuen Jahr an Verhütungsmitteln gegen das neue DFB-Transferrecht einfallen läßt.

Ernst Thoman