Frankreich lockert Ausländerrecht

■ Berüchtigtes „Pasqua-Gesetz“ soll nicht mehr uneingeschränkt gelten / Familienzusammenführung soll erleichtert werden

Paris/Berlin (afp/taz) - Acht Monate lang hatte sich die Regierung Rocard in vornehmes Schweigen gehüllt, wenn es um die Abschaffung des berüchtigten „Pasqua-Gesetzes“ ging. Mit diesem Gesetz hatte Rocards Vorgänger Chirac 1986 den Aufenthalt und Zuzug von Ausländern nach Frankreich verschärft. Jetzt löste die 200-Jahr-Feier der Revolution die Zungen: „Ich wünsche, daß mehrere Verordnungen zum Ausländerrecht unverzüglich abgeschafft werden, die mir ungerecht und ungerechtfertigt erscheinen“, hatte Mitterrand in seiner Neujahrsansprache erklärt und dabei auf rassistische Anschläge der jüngsten Zeit verwiesen. Prompt folgte am Sonntag eine Absichtserklärung von Innenminister Pierre Joxe. Demnach wird in Zukunft der unerlaubte Aufenthalt eines Ausländers auf französischem Boden kein Grund mehr sein ihm die Möglichkeit eines Antrags auf eine Aufenthaltsgenehmigung zu verweigern. In Frankreich lebende Jugendliche, die nach dem „Pasqua-Gesetz“ innerhalb einer Woche eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen mußten sobald sie das 16.Lebensjahr erreicht hatten, können dies in Zukunft auch später nachholen. Außerdem soll die Zusammenführung von Ehepartnern und Familien, von denen ein Teil im Ausland lebt, erleichtert werden. Für Eltern im Ausland, deren Kinder in Frankreich leben, soll es einfacher werden, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Joxe ließ keinen Zweifel daran, daß die neuen Bestimmungen nur einen begrenzten Personenkreis betreffen und nicht angewendet werden, wenn der oder die Betreffende gegen die Gesetze verstoßen hat oder „eine Gefahr für die öffentliche Ordnung“ darstelle. Mogniss Abdallah von der Presseagentur der jungen Immigranten „Im‘ M'edia“ sieht in der Ankündigung der Regierung „eine Antwort auf die Kampagne für die Abschaffung des Pasqua-Gesetzes“, an der 200 Vereinigungen beteiligt sind. Allerdings handele es sich nur um eine Änderung der verwaltungsinternen Anwendungsverordnung: „Das Gesetz selbst bleibt weiter in Kraft“. Die rechte Presse der Hauptstadt sieht in der Erklärung Mitterrands einen Versuch, die bürgerlichen Parteien vor den Wahlen an der Gretchenfrage zu spalten: Wie hältst du's mit der Immigration?

smo