: VEW will THTR weiterbetreiben
VEW-Sprecher: Stillgelegter Reaktor in Hamm-Uentrop kostet 180 Mio DM pro Jahr/ „Uns ist am Weiterbetrieb des THTR gelegen„/ Beantragte Stillegung lediglich Druckmittel für weitere Staatsknete ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Die Betreiber des Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR-300) in Hamm-Uentrop, die in einem Schreiben vom 15.Dezember 1988 Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber um „das Einverständnis zur endgültigen Stillegung“ des Reaktors gebeten hatten, sind tatsächlich an einem Weiterbetrieb interessiert. Wie der Sprecher der Dortmunder Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW), Horst Niggemeier, gestern auf Anfrage erklärte, ist den Betreibern „am Weiterbetrieb des THTR gelegen“. Ob die Stillegungsdrohung für den Fall, daß die geforderte Erhöhung der staatlichen Risikobeteiligung um 550 Millionen Mark ausbleibt, tatsächlich ernst gemeint ist, ließ Niggemeier offen. „In eine solche Richtung spekuliere ich nicht“, sagte der VEW -Sprecher.
Die VEW sind mit 31 Prozent federführend am THTR beteiligt. Die Bundesregierung und die Landesregierung in Düsseldorf hatten sich 1983 in dem sogenannten Risikobeteiligungsvertrag verpflichtet, für den Prototyp in Hamm 450 Millionen Mark Risikobeteiligung zur Verfügung zu stellen. Weil dieser Betrag angesichts der technischen Probleme des THTR hinten und vorne nicht reicht, wollen die Betreiber eine staatliche Aufstockung um 550 Millionen Mark. NRW-Ministerpräsident Johannes Rau hatte im Dezember letzten Jahres jegliche zusätzlichen Finanzspritzen definitiv abgelehnt: „Nordrhein-Westfalen hat seinen Anteil geleistet und 1983 den Deckel zugemacht. Damit ist das für NRW erledigt. Wir gehen über diese vertraglichen Regelungen nicht hinaus.“
Derzeit werden im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium die Schäden an Befestigungselementen in den Heißgaskanälen des THTR begutachtet. Warum die 32 Bolzen zur Befestigung der Metall-Isolierplatten in den Heißgaskanälen herausgebrochen sind, weiß derzeit niemand. Nach Auskunft eines Sprechers des Düsseldorfer Wirtschaftsministeriums ist es „völlig ungewiß“, wann der stillgelegte Reaktor wieder ans Netz gehen kann. VEW-Sprecher Horst Niggemeier geht dagegen davon aus, daß die Reparaturen in den Heißgaskanälen „keine sicherheitstechnische Relevanz“ haben, der Reaktor also „sofort wieder in Betrieb gehen“ könne.
Sollte das Wirtschaftsministerium die Betriebsgenehmigung von der Reparatur der Schäden abhängig machen, läge der Reaktor nach Einschätzung aller Beteiligten mindestens für ein Jahr still. Laut Niggemeier belaufen sich die Stillegungskosten auf „etwa 180 Millionen Mark pro Jahr“. In einem internen Papier aus der Bielefelder Stadtverwaltung die Stadtwerke Bielefeld sind mit 6,8 Prozent am THTR beteiligt - werden die Stillegungskosten sogar auf 900.000 Mark pro Tag beziffert. 90 Prozent dieser Kosten tragen Bund und Land über den Risikobeteiligungsvertrag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen