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Vermieter für PER verantwortlich

■ Hausbesitzer müssen notfalls Wohnungen instandsetzen, entscheidet Amtsgericht

Hamburg (taz) - Nach dem Urteil eines Hamburger Amtsgerichtes sind Hausbesitzer grundsätzlich dazu verpflichtet, das Eindringen von giftigen PER-Dämpfen in die Wohnungen ihrer Mieter zu verhindern. Wenn die Belastung der Raumluft mit dem in chemischen Reinigungen verwendeten Lösungsmittel Perchlorethylen (PER) nicht anders zu beseitigen ist, muß der Vermieter die Wohnung notfalls auch instandsetzen.

In dem zu verhandelnden Fall hatten die Mieter eines Hauses, in dessen Erdgeschoß ein Wasch-Center mit chemischen Münzreinigungsanlagen betrieben wurde, ihren Mietzins im Oktober 1987 um 50 Prozent gekürzt. In ihrem direkt über der chemischen Reinigung gelegenen Schlafzimmer waren PER -Spitzenwerte von 14 Milligramm pro Kubikmeter Raumluft gemessen worden. Das Bundesgesundheitsamt (BGA) hatte im November 1987 für Wohnräume einen Richtwert von 0,1 Milligramm pro Kubikmeter empfohlen. Der Hausbesitzer sorgte wenige Wochen später dafür, daß der Betreiber des Wasch -Centers seine Chemieschleudern stillegte. Dennoch lagen die PER-Werte in der betroffenen Wohnung noch einen Monat nach dem Stopp der Anlagen über den vom BGA empfohlenen Richtwerten. Obwohl also die PER-Quelle inzwischen beseitigt war, bejahte das Amtsgericht Hamburg-Altona die Zulässigkeit der Klage und stützte sich dabei auf die Behauptung der Kläger, die Wände der Wohnung hätten die krebsverdächtigen PER-Dämpfe wie ein Schwamm aufgesogen und würden sie nun nach und nach wieder abgeben.

Nach wie vor ist der vom BGA ausgegebene PER-Richtwert von 0,1 Milligramm rechtlich nicht bindend, da eine konkrete Gesundheitsgefährdung laut BGA erst ab fünf Milligramm pro Kubikmeter nachzuweisen ist. In dem Hamburger Fall hatte der Rechtsanwalt der Mietpartei, Lukas Weitbrecht, seine Klage aber damit gestützt, daß schon eine begründete Angst der Bewohner vor einer gesundheitlichen Schädigung den Vermieter zu entsprechenden Gegenmaßnahmen verpflichte.

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