: Lobduell um Samarkand
■ „Ein seltsamer Kampf um die Stadt Samarkand“: Glasnost-Parabel mit Komiker und eingeschlafenem Weisen
Eine Premiere zur Jahreswende - versteckt zwischen den Feiertagen - brachte das Bremerhavener Stadttheater am 31. Dezember im Kleinen Haus: Harald Muellers Einakter „Ein seltsamer Kampf um die Stadt Samarkand“.
Die Stadt Samarkand, heute Provinzhauptstadt der usbekischen SSR, laut Lexikon „eine der ältesten Städte Mittelasiens“, ist mehrfach belagert und erobert worden. Bei Harald Mueller heißen die Angreifer aber nicht geschichtstreu Alexander der Große oder Dschingis-Khan, sein seltsamer Kampf zwischen Oman, dem Herrn der Stadt, und Jatagan, dem Fürsten der Steppe, ist ein Gleichnis um die gewaltlose Veränderung der ganzen Kämpferei.
Die beiden Kontrahenten wollen - während ihre Heere schlafen - mit Krummsäbel und Messer aufeinander losgehen, aber auf Rat eines (nicht sichtbaren) Weisen hin entscheiden sie sich für ein Duell der Worte.
Sieger soll sein, wer den anderen am schönsten lobt. Die Auseinandersetzung ist subtil, die Kämpfenden machen es sich so schwer wie möglich, aber ihr Gespräch geht eigene Wege: Oman und Jatagan gestehen sich schließlich ihre Fehler und Schwächen ein, um zum Schluß die Zukunft von Stadt und Steppe gemeinsam zu planen. Nur gut, daß der als Schiedsrichter angerufene Weise inzwischen eingeschlafen ist und ein Sieger des Lobduells nicht festgestellt werden kann.
„Samarkand“ ist damit auch eine Glasnost-Parabel, vollzieht sie doch nach, was sich in der Realität zwischen Ost und West andeutet. Der Reiz des gut gemeinten Spiels liegt in den Dialogen. Die sind gut gereimt und verbergen hinter Sprachwitz gekonnt die ein oder andere Platitüde.
Dem Regisseur Peter Singer gelingt es dank Hubert Ganschinietz (der spielt den Oman) und Walther Friedemann (Jatagan), aus dem Stück etwas herauszuholen, was es eigentlich kaum hergibt. Singer macht nämlich ein mannmännliches Protz-und Wortgefecht daraus, (c)(c).santen, blitzschnellen Schlagabtausch, der hinter den Herrscher -Posen die Männer-Rollen aufdeckt. Daß der kurze Abend - das Stück dauert kaum länger als eine Stunde - so vergnüglich ist, liegt vor allem an Ganschinietz, der sich in der Rolle des dickleibigen und wortgewandten Stadtmenschen als Urviech von Komiker erweist, dem Walther Friedemann als kantiger und jugendlich-stürmischer Krieger die Stichworte liefert. Das Spiel der beiden auf der von Wolfgang Cäsar passend eingerichteten Bühne, macht diese Inszenierung einer munteren, nicht sonderlich bedeutsamen Parabel sehenswert.
hans happel
Aufführungen von „Der seltsame Kampf um die Stadt Samarkand“ im Januar: 5.,12.,14.,18.,29.1., Kleines Haus BHV, Tel.: 0471 - 47095
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen