: Genehmigung für Klein-Reaktor fraglich
Standortunabhängiges AKW-Genehmigungsverfahren für den neuen Modul-HTR von Siemens wieder in der Diskussion / Die Umweltministerien in Hannover und Bonn zweifeln am rechtlichen Verfahren ■ Aus Hannover Jürgen Voges
In den Umweltministerien in Hannover und Bonn mehren sich quasi kurz vor Toresschluß die Zweifel am Sinn des „standortunabhängigen“ Genehmigungsverfahrens für die neuen Klein-AKWs vom Typ „HTR-Modul“, das Anfang Februar mit der öffentlichen Auslegung des Sicherheitsberichtes in seine entscheidende Phase treten soll. Der Sprecher des niedersächsischen Umweltministeriums, Herrmann Kues, erklärte jetzt gegenüber der taz, die rechtlichen Aspekte dieses Genehmigungsverfahrens würden gegenwärtig von den Umweltministerien in Bonn und Hannover noch gemeinsam geprüft. Diese Prüfung umfasse auch immer noch die Frage, „ob das standortunabhängige Genehmigungsverfahren überhaupt sinnvoll ist“. „Ganz so nicht bestätigen“ wollte der Ministeriumssprecher eine Meldung der 'Hannoverschen Allgemeinen Zeitung‘, wonach es die für Februar angesetzte Beteiligung der Öffentlichkeit an dem Verfahren erst einmal nicht geben werde. Die Kernenergieabteilung des Umweltministeriums ließ demgegenüber noch gestern mitteilen, daß das Genehmigungsverfahren seinen vorgesehenen Gang nehmen werde.
Bei dem in Hannover seit eineinhalb Jahren laufenden Konzeptgenehmigungsverfahren soll mit dem 100-Megawatt -Reaktor (HTR 100) von Interatom und KWU zum ersten Mal gleich eine ganze Reaktorbaureihe zugelassen werden. Nach dem Buchstaben des Atomgesetzes müssen sicherheitstechnische Einwände von betroffenen Bürgern, die bereits in diesem ersten standortunabhängigen Genehmigungverfahren beschieden werden, bei einem Antrag auf Bau des Reaktors in einem zweiten - standortabhängigen - Genehmigungsverfahren nicht noch einmal behandelt werden. Niedersachsens Umweltminister Werner Remmers hatte nun in den letzten Monaten wiederholt vor dem Landtag versichert, daß es diese Verringerung der Einspruchsmöglichkeiten der Bürger nicht geben werde.
Nach Ansicht des Ministeriumssprechers Hermann Kues läuft dies nun aber auf die Verdoppelung eines aufwendigen Genehmigungsverfahrens hinaus. Kues, der auch das Ministerbüro von Remmers leitet, versicherte außerdem, daß es für den HTR 100 zumindest in Niedersachsen bisher keinen Standort gebe. Dieser Reaktor werde in der Bundesrepublik vor dem Jahr 2000 nicht mehr gebaut. Im Umweltministerium in Hannover geht man offenbar davon aus, daß eine standortunabhängige Genehmigung vor allem der Verbesserung der Exportchancen des Reaktors in den Ostblock dienen würde.
Die Antragstellerin Interatom in Bergisch-Gladbach zeigte sich gestern über die Diskussionen zwischen den Ministerien über das Genehmigungsverfahren im Bilde. „Wir wissen, daß so ein Vorgang läuft, sind aber nicht informiert“, sagte der zuständige Haupabteilungsleiter Dr.Hartmut Mayer. Schon seit Oktober überlege man in Bonn und Hannover plötzlich, ob das gewählte Verfahren das juristisch richtige sei. Über den Bau eines HTR 100 in der Bundesrepublik führe man gegenwärtig keine Verhandlungen, dennoch habe man immer noch das primäre Interesse, diesen Reaktor auch in der Bundesrepublik zu bauen. Einen förmlichen standortunabhängigen Genehmigungsbescheid wünsche man deswegen, weil deren Verbindlichkeitsgrad höher sei.
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