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El Salvadors Armee riegelt Uni ab

■ Hochschule soll linke Guerilla unterstützen / Professoren und Studenten boykottieren Lehrbetrieb / Neue Todesschwadronen drohen Oppositionellen in Zeitungsanzeigen die Ermordung an / Armee behindert Hilfskonvoi

San Salvador (afp/taz) - Der Rektor der Nationalen Universität in San Salvador, Luis Argueta, hat aus Protest gegen die Überwachung des Hochschulcampus durch die Armee den Lehrbetrieb für unbefristete Zeit eingestellt. Argueta erklärte am Mittwoch, mit dem Vorlesungsboykott wollten Professoren und Studenten den Abzug der Armeeposten erzwingen, die seit dem 2.Januar an allen Zugängen zum Hochschulgelände stehen. Jeder Student, der den Campus betritt, wird auf seine Personalien hin überprüft und durchsucht.

Die Armee begründet ihre Überwachung damit, daß der Universitätscampus ein Schlupfwinkel der Stadtguerilla sei und Waffenlager der Guerilla beherberge. Der Rektor lud am Mittwoch die Botschafter der EG-Staaten, der USA und von acht lateinamerikanischen Ländern zu einem Besuch der Universität ein, um sich von der Haltlosigkeit des Vorwurfs zu überzeugen. Auch Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften, der Armee und die Vorsitzenden des Parlaments und des Obersten Gerichts seien willkommen, sagte er.

Bereits am 22.Dezember hatte Verteidigungsminister Eugenio Vides Casanova öffentlich angekündigt, an der Nationalen Universität werde „aufgeräumt“ werden. Er nehme nicht länger hin, daß sie als Operationsbasis der Kommandos der Stadtguerilla diene. Am folgenden Tag stürmten 50 Polizisten das Biologische Institut der Universität und töteten dabei einen Angehörigen des Wachpersonals. Bereits am 17.Dezember war eine Dozentin der Universität ermordet worden. Am 21.Dezember stellte sich dann - auf dem Weg einer Presseanzeige - unter dem Namen „Antikommunistische Revolutionäre Vernichtungsaktion“ (ARDE) eine neue Todesschwadron vor. Im Zeitungstext drohte sie führenden Linkspolitikern und Gewerkschaftern sowie dem Rektor der Nationalen Universität die Ermordung an. Noch in derselben Woche meldete sich mit ähnlichen Drohungen ein „Solidaritätskomitee des Ostens“ (SOCOR), und als dritte Todeschwadron tauchte ebenfalls im Dezember die „Antikommunistische Hand Zentralamerikas“ (MACA) auf. Die Opposition geht davon, daß die Todesschwadronen direkt von der Armee geleitet werden.

Fünf salvadorianische Menschenrechtsorganisationen hatten zum Jahresende eine Bilanz vorgelegt, nach der allein 1988 über 1.700 Zivilpersonen von der Armee oder den Todesschwadronen ermordet wurden.

14 Europäer festgenommen

14 Mitglieder der europäischen „Jürg-Weis-Delegation“ darunter drei Bundesdeutsche -, die im Rahmen einer weihnächtlichen Hilfsaktion einen „Konvoi für El Salvador“ organisiert hatten, um Rücksiedler in Kriegszonen zu unterstützen, wurden am Dienstag nach ihrer Festnahmen in der Provinz Morazan im Osten des Landes zehn Stunden lang festgehalten. Sie wurden zum Stützpunkt der Dritten Brigade in San Miguel und anschließend nach San Salvador ins Hauptquartier der Armee gebracht. Ihre Unterlagen, in denen Beschwerden der Landbevölkerung über Übergriffe der Militärs aufgezeichnet waren, wurden vorübergehend beschlagnahmt. Der spanische Delegierte Carmelo Garcia, der mit einem andern Teil der Delegation in die Provinz Chalatenango im Norden des Landes gereist war, gab an, dort komme die offizielle EG -Hilfe für die aus Honduras zurückgekehrten Flüchtlinge bei diesen selbst nicht an, weil das Militär in den Kriegszonen die Zivilisten generell als Sympathisanten der Guerilla verdächtige und deswegen die Hilfslieferungen blockiere. Überdies berichtete er von Bombenangriffen der Luftwaffe bis in die Silvesternacht. Die Guerilla hatte zwischen Weihnachten und Neujahr eine Waffenruhe angeboten, was aber von der Armee abgelehnt worden war.

thos

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