: Mit Chlorgas begann es
Der Einsatz chemischer Waffen war schon in der Antike bekannt. In den Perserkriegen und im Peloponnes-Krieg vier Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung wurden die Brunnen der Gegner mit chemischen Substanzen vergiftet. Doch erst im Ersten Weltkrieg begann der Einsatz chemischer Kampfstoffe als Massenvernichtungswaffe, als die deutschen Truppen am 22. April 1915 im belgischen Ypern die französischen Linien mit Chlorgas einnebelten. Durch den Giftstoff, seither auch Yperit genannt, wurden damals rund 5.000 Soldaten getötet und 15.000 kampfunfähig gemacht. Einen Monat später starben 6.000 Soldaten an der russischen Front nach dem Einsatz von Phosgen.
Im Zweiten Weltkrieg kamen zwar keine Giftkampfstoffe zum Einsatz, doch wurde intensiv weitergeforscht. Schon in den dreißiger Jahren tauchte eine neue Generation von C-Waffen mit den Nervengasen auf, die in Deutschland bei der Erforschung neuer Insektenvertilgungsmittel entwickelt wurden. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde Giftgas von Mussolinis Truppen in Äthiopien und nach Expertenmeinung auch von Japan gegen Chinesen in der Mandschurei benutzt. Sie sollen auch im Korea-Krieg, von den Ägyptern im Jemen, von sowjetischen Truppen in Afghanistan und von Libyern im Tschad eingesetzt worden sein. Die Amerikaner machten im Vietnamkrieg massiven Gebrauch von „Entlaubungs„mitteln. Chemische Waffen wurden im Golfkrieg erwiesenermaßen vom Irak, in geringerem Umfang wahrscheinlich auch vom Iran benutzt.
Bisher haben nur die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion offiziell zugegeben, über Chemiewaffen zu verfügen. Ihre Lager bestehen im wesentlichen aus Nervenkampfstoffen. Die meisten Experten gehen davon aus, daß heute aber in Wirklichkeit an die zwanzig Länder entweder über C-Waffen verfügen oder in der Lage sind, sie herzustellen.
Die tödlichen Kampfstoffe werden in zwei große Kategorien unterteilt: die erstickenden, ätzenden und blutschädigenden Mittel, die schon im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurden, und die neueren Nervengase. Zur ersten Gruppe gehören beispielsweise Phosgen, das Lungengewebe, Kreislauf und Nieren schädigt, das schwer ätzende Senfgas und Blutkampfstoffe, die Cyanide enthalten und zur schnellen Atmungslähmung führen. Zur zweiten Gruppe gehören Nervengase wie Tabun, Sarin und Soman, die auf das Nervensystem wirken und zu Muskelkrämpfen und Atemstillstand führen.
Die neuen „binären“ Waffen in Form von Granaten und Bomben bestehen aus zwei für sich ungiftigen oder wenig giftigen Stoffen, die erst durch Vermischung - beispielsweise durch Explosion - kurz vor dem Ziel tödliche Wirkung erhalten. Sie eignen sich besser zur Lagerung und zum Transport als die herkömmlichen Giftkampfstoffe.
afp
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