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Contra-Einigung geplatzt

Contra-Führung von Ober-Sponsor Reagan kurz vor dessen Amtsabgabe nach Washington zitiert, um Falken und Tauben zu einigen: vergeblich / Präsident Ortega geht auf Contra-Vorschläge nicht ein  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

„Wir wissen nicht, mit wem wir hier sprechen werden. Vielleicht teilen sie uns nur mit, daß alles vorbei ist.“ Aristides Sanchez, einer der Chefs der nicaraguanischen Contra, ahnte Übles, als er Donnerstag mit seinen Kollegen im State Department eintraf. Kurz vor Ende der Amtszeit ihres obersten Sponsors wurde das Direktorium der „Resistencia Nicaragüense“, wie sich die Contra offiziell nennt, nach Washington zitiert. Vor allem wollte die Reagan -Regierung den tiefen Riß unter den Contra-Fraktionen kitten - doch ohne Erfolg. Adolfo Calero, Führer der Falken, gestand nach einem Treffen mit dem zuständigen Unterstaatssekretär Eliott Abrams ein, die Kluft sei nicht überwunden worden. Abrams hatte vor wenigen Tagen angekündigt, der neue Präsident Bush werde bald eine diplomatische Offensive lancieren, „um Nicaragua zu demokratisieren“. Erst danach, so war von anderen Bush -Mitarbeitern zu hören, wolle sie gegebenenfalls im Kongreß neue Gelder für die Contra beantragen.

Zur Zeit ist unklar, wer überhaupt die authentische Contra repräsentiert. Zum Jahreswechsel bekamen jedenfalls die Sandinisten zwei gegensätzliche Vorschläge zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auf den Tisch. Die Contra hatte den Dialog am 9.Juni, nachdem zwei Drittel eines Waffenstillstandsabkommens ausgehandelt waren, abgebrochen. Zunächst kam ein Annäherungsvorschlag aus Costa Rica, für den die sogenannte „Koalition des „Demokratischen Zentrums“ (CCD) unter dem Vorsitz von Alfredo Cesar verantwortlich zeichnet. Ein zweites Angebot stammt von den radikalen Contra-Führern Bermudez und Calero aus Miami. Sie schlagen vor, am 25.Januar am Sitz der OAS in Washington in Anwesenheit der zentralamerikanischen Außenminister zu verhandeln.

Cesar, der darauf brennt, in Nicaragua politisch mitzumischen, hatte seinen Vorschlag „für die integrale Lösung des Nicaragua-Konflikts“ seit zwei Monaten vorbereitet und sich dafür der diskreten Unterstützung verschiedener zentralamerikanischer Regierungen versichert. Er fordert von den Sandinisten Amnestie, Verzicht auf Militärhilfe aus dem Osten, Garantien für die Rückkehr der Exilpolitiker binnen 120 Tagen und deren Teilnahme am politischen Kampf. Im Rahmen der innenpolitischen Auseinandersetzung sollte dann über die formelle Beendigung des Krieges und die „Errichtung eines demokratischen Systems“ verhandelt werden. Die Hardliner innerhalb des Contra-Direktoriums und auch das State Department halten von Cesars Vorschlag gar nichts. „Sie wollen ein 'Nein‘ Managuas zum Dialog, um den Boden für neue Militärhilfe zu bereiten“, meint ein Mitarbeiter Cesars.

Daniel Ortega ist auf keinen der Contra-Vorschläge eingegangen, denn: „Man weiß nicht, welcher Vorschlag von den USA kommt, die dieses Monstrum schließlich bewaffnet haben und jetzt nicht wissen, wie sie es begraben sollen. Für uns hat das keine Glaubwürdigkeit, was die einen oder die anderen sagen“, erklärte der Staats- und Parteichef in seiner Neujahrsansprache, „wenn sie sich nicht einmal in der Führung der Somozisten einigen können.“

Seit der Kongreß in Washington im vergangenen Februar Reagans Wunsch nach weiterer Waffenhilfe niederstimmte, muß sich die Contra mit verdeckten Lieferungen und geringeren Summen sogenannter „humanitärer“ Hilfe zufrieden geben. Die meisten von ihnen haben sich daher in ihre Lager in Honduras zurückgezogen und ihre Familien nachkommen lassen. Rund 500 Mann streifen laut Oberst Bermudez in Nicaragua durch die Gegend und verunsichern Agrargenossenschaften und Transporte.

Obwohl die sandinistische Regierung Monat für Monat die Waffenruhe einseitig verlängert und auch die Contra-Chefs versprochen haben, ihre Truppen würden nicht angreifen, häufen sich in letzter Zeit die Attacken. Das Jahr 1989 war noch keine 48 Stunden alt, als ein Trupp von 40 Contras in der Siedlung La Maranosa, südlich von Wiwili im äußersten Norden Nicaraguas, einfiel und die Familie eines Soldaten massakrierte: Zwei Töchter und die 30jährige hochschwangere Frau starben, eine elfjährige Tochter liegt schwerverletzt im Krankenhaus von Jinotega.

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