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Die Zeichen stehen günstig für Kamputschea

Zehn Jahre nach dem Einmarsch Vietnams in Kamputschea ist das vom jahrelangen Bürgerkrieg zerrüttete Land nun einer friedlichen Lösung näher /Vietnam zieht weiter Truppen ab und drängt auf politische Lösung /Demilitarisierung wegen ökonomischer Krise  ■  Aus London Larry Jagan

Am 7.Januar 1979 stürzte die einmarschierende vietnamesische Armee das mörderische Regime unter Pol Pot und setzte in Kamputschea die von Heng Samrin geleitete pro-vietnamesische Regierung ein. Eine Dekade später ist das vom Krieg zerrissene Land der Khmer zwar immer noch weit vom Frieden entfernt. Doch mit dem fortschreitenden Rückzug der vietnamesischen Truppen sind nun die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung des Kamputschea-Konfliktes größer denn je. Während Hanoi auf eine Lösung des Konfliktes drängt, ist der Truppenabzug gleichzeitig auch Teil eines neuen Demilitarisierungsprozesses in Vietnam. Mehr als 300.000 Soldaten sollen in der nächsten Zeit aus dem Kriegsdienst entlassen werden, erklärte Brigadier Nyugen Van Thai letzten Monat, einschließlich der Truppen, die derzeit aus Kamputschea entlassen werden. Anderen vietnamesischen Quellen ist zu entnehmen, daß die Armee des Landes in den nächsten Jahren um 50 Prozent reduziert werden soll.

Mit über einer Million Vollzeitsoldaten und drei Millionen Reservisten besitzt Vietnam nach der UdSSR, China, den USA und Indien derzeit die fünftgrößte Armee der Welt. Militärexperten schätzen, daß das militärische Establishment rund acht Prozent der gesamten vietnamesischen Bevölkerung ausmacht. Sollte dieser Anteil wie von einigen Regierungsbeamten angedeutet demnächst auf ein Prozent gesenkt werden, würde das eine Halbierung der gegenwärtigen konventionellen Streitkräfte bedeuten. Generalleutnant Ngyugen Quyet erklärte vor einem Monat, mit dieser „grundsätzlichen Änderung der militärischen Strategie“ würde den Streitkräften nun eine den Friedenszeiten angemessene, defensive Rolle zugewiesen.

Diese Politik begann im vergangenen Jahr, als die Regierung Truppen aus Vietnam, Laos und von der nördlichen Grenze mit China abzog, um sie für den Wiederaufbau des eigenen Landes einzusetzen. Mit der Ankündigung, daß in naher Zukunft 600.000 bis 700.000 Soldaten demobilisiert werden sollen, gibt Hanoi zu, daß die bisherige Politik militärischer Stärke den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg entscheidend behindert hat. Reduzierte Finanzhilfen aus der UdSSR, Lebensmittelknappheit, eine galoppierende Inflation und der beinahe völlige Zusammenbruch der vietnamesischen Ökonomie lassen Hanoi keine andere Wahl als die drastische Kürzung ihres Militäretats. Diese Vorgänge, so der Stellvertretende Herausgeber der Parteizeitung 'Nhan Dan‘, reflektierten die nachlassenden Spannungen in der Region und die verbesserten Beziehungen mit Thailand und den übrigen ASEAN-Staaten.

Seit Anfang vergangenen Jahres wirbt die Führung in Hanoi um eine Normalisierung der Beziehungen mit Peking. „Wir betrachten China längst nicht mehr als unseren Feind“, ließ unlängst ein hoher vietnamesischer Regierungsbeamter vernehmen. Und sein Kollege, der Stellvertretende Landwirtschaftsminister Ngyuyen Van Phioc, gab sogar offen zu, daß Vietnam seine neue Landreform teilweise einem erfolgreichen Modellversuch der Chinesen nachempfunden habe.

Selbst die provokative Besetzung der zwischen beiden Ländern umstrittenen Spratly-Inseln durch die Chinesen im Februar 1988 änderte an der versöhnlichen Haltung Hanois nur wenig. Die vietnamesische Führung blieb bei ihrem Angebot, mit den Chinesen „jederzeit und an jedem Ort“ Gespräche zu beginnen. In einer weiteren symbolischen Handlung entfernte das vietnamesische Parlament im Mai 1988 gar die feindlichen Referenzen gegenüber China und den USA aus der Präambel der Verfassung. Statt dessen verpflichtet sich Vietnam, „alles zu unternehmen, um die traditionelle Freundschaft zwischen Vietnam und China (...) im Interesse von Frieden und Sozialismus wiederherzustellen“.

Eine friedliche Lösung des Kamputschea-Konflikts ist auch Voraussetzung für die weitere Normalisierung des sino -sowjetischen Verhältnisses. Erster großer Schritt dahin wird der für das Frühjahr anvisierte Gipfel zwischen Gorbatschow und Den Xiaoping sein, auf dem vor allem über Kamputschea diskutiert werden soll. Ein Fortschritt hängt hier vor allem von der Bereitschaft Pekings ab, die berüchtigte Führungsclique der Roten Khmer endgültig fallen zu lassen. Deng Xiaopings Angebot an Gorbatschow bei diesem historischen Treffen könnte darin bestehen, daß China die militärische Unterstützung der Roten Khmer einstellt und Pol Pot sowie den anderen, für die restlichen Mitglieder der kamputscheanischen Widerstandskoalition nicht akzeptablen Führern der Roten Khmer in Peking politisches Asyl anbietet. Auf eine solche Offerte hin würde Gorbatschow seinem chinesischen Gegenüber mit großer Wahrscheinlichkeit den einseitigen Rückzug der sowjetischen Truppen von der strategisch wichtigen vietnamesischen Militärbasis Cam Ranh Bay anbieten. Dieses quid pro quo würde mit Sicherheit auch eine friedliche Lösung des Kamputschea-Konfliktes garantieren.

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