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VfS wollte Spion in taz einschleusen

■ Berliner Innenstaatssekretär Müllenbrock bestätigt Pläne des Verfassungsschutzes, V-Mann in die taz einzuschleusen / Indirekt taz-Mitarbeit als Grund für Überwachung von JournalistInnen zugegeben

Berlin (taz) - Staatssekretär Wolfgang Müllenbrock, im Berliner Innensenat zuständig für das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz (VfS), bestätigte gestern erstmals, daß der Berliner Verfassungsschutz geplant hatte, einen V-Mann in die taz einzuschleusen. Vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß räumte Müllenbrock ein, daß er in seiner Zeit als Staatsanwalt, also vor 1985, von Mitarbeitern des VfS mit einem entsprechenden „Ansinnen“ aufgesucht worden sei. Müllenbrock galt unter den VfS -Mitarbeitern damals als sehr Kooperativ. Es hätte damals, so Müllenbrock, Überlegungen gegeben, „operative Maßnahmen im Bereich einer Zeitung durchzuführen“. Seinem Kenntnisstand nach soll aber „eine Entscheidung, einen V -Mann zu plazieren, nicht gefallen“ sein. Der Staatssekretär beteuerte, er habe „zu keinem Zeitpunkt an einer Entscheidung mitgewirkt, einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in die taz einzuschleusen“.

Der Ausschußvertreter der AL Wolfgang Wieland hat unter Berufung auf anonyme Aussagen von mehreren VfS-Mitarbeiter wiederholt erklärt, daß ein V-Mann bereits in der Anfangsphase der taz eingeschleust war. Der Spitzel soll in der Amtszeit des SPD-Innensenators Ulrich (1977-1981) von diesem „abgeschaltet“ und anschließend von seinem Nachfolger Heinrich Lummer (CDU) wieder „aktiviert“ worden sein. An diesbezügliche Ereignisse hatten sich die beiden Ex -Senatoren bei ihrer Vernehmung am Montag aber nicht mehr erinnern wollen. Auch die Frage, ob während ihrer Amtszeit die Einschleusung eines V-Mannes erwogen worden sei, ließ sich angesichts der bekundeten Erinnerungslücken nicht klären.

„Nachrichtendienstliche Mittel“ sind nach Müllenbrock bei der taz niemals eingesetzt worden. Angesprochen auf die Aussage des Berliner Datenschutzbeauftragten Kerkau, der nach einem Besuch im Landesamt für Verfassungsschutz bestätigte, daß dort eine umfangreiche „Sachakte taz“ und Personenvorgänge über taz-Journalisten angelegt worden sind, erklärte Müllenbrock, die taz sei mittlerweile „durch Zeitablauf kein Verdachtsobjekt mehr“. Aus seinen Worten ließe sich aber nicht schließen, daß die im Landesamt aufgetürmten Akten unter seiner Verantwortlichkeit geschlossen worden seien. Der Frage, wodurch der „Verdachtsmoment“ entfallen sei, entgegnete Müllenbrock mit einem kläglichen „Das kann ich so nicht beantworten“. Genaueres wollte er im Anschluß mit Verweis auf seine eingeschränkte Aussagegenehmigung nicht ausführen. Und: „Wo ein anderer Grund als taz vorgelegen hat, kann es durchaus sein, daß die Artikel weiter gesammelt wurden.“ Nur wenige Minuten zuvor hatte er - wie auch die früheren Zeugen aus der Berliner Innenbehörde - noch beteuert, die Mitarbeit in der taz allein sei nie Grund für eine Überwachung gewesen. Im Verlauf der gestrigen Sitzung stellte sich auch heraus, daß die Unterlagen zu den Bespitzelungen weiterer JournalistInnen unvollständig sind. So sind erst auf Antrag des Ausschusses zum Teil einzelne Blätter zu den - immer noch unvollständigen - Akten nachgeliefert worden. Und Passagen, die aus „Geheimhaltungsgründen“ nicht vor die Augen der Ausschußmitglieder kommen sollen, sind - wie Müllenbrock eingestehen mußte - ohne irgendeinen Vermerk, der darauf verweist, aus den Akten genommen worden.

Im Anschluß an die weitere Vernehmung des Staatssekretärs unter Ausschluß der Öffentlichkeit und den Aussagen von VfS -Mitarbeitern erklärte der Ausschußvorsitzende, daß der Komplex der Journalistenbespitzelung nicht abschließend behandelt werden konnte. Dem Vernehmen nach sollen sich die Zeugen in erhebliche Widersprüche verwickelt haben. Die kommende Sitzung des Untersuchungsausschusses soll nun am Freitag im VfS-Gebäude stattfinden. Der Ausschuß will sich dort den Computer „Nadis“ vorführen lassen. Ein Zwischenbericht über die Ausschußarbeit soll am Montag verabschiedet und zehn Tage vor der Wahl in Berlin in einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses beraten werden.

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