: El Salvador-betr.: Anzeige "Waffen für El Salvador" und "El Salvadors Armee riegelt Uni ab", taz vom 6.1.89
betr. Anzeige „Waffen für El Salvador“
Die Unterstützung der salvadorianischen Widerstandskämpfer ist moralisch kaum zu rechtfertigen. El Salvador ist zwar kein Rechtsstaat, es herrscht ein Ausnahmezustand, Kriegsrecht. Bewaffneter Kampf kann hier aber keine Lösung sein. Erstens, weil die linken Widerstandskämpfer nach amnesty international selbst Menschenrechtsbrecher sind; das schadet der Glaubwürdigkeit des Kampfes, zumal die marxistisch regierten Länder Nicaragua und Kuba auch viele Erwartungen enttäuschten. Zweitens führen die Kämpfe zu einer Eskalation der Grausamkeit, ohne daß Aussicht auf Erfolg besteht, denn das verhindert die Unterstützung der Staatsmacht durch die USA und andere westliche Länder.
Eine wirkliche Lösung wäre die Unterstützung kirchlicher und humanitärer Organisationen. Warum finde ich in der taz immer wieder den Waffen-Spendenaufruf statt zum Beispiel einen für Aufbauhilfe in Nicaragua?
Alexander Meyer, Leer
betr.: El Salvadors Armee riegelt Uni ab“, taz vom 6.1.89
Frisch aus El Salvador zurück, graust es einem bei der taz -Berichterstattung über El Salvador. Unpolitischer geht es wirklich nicht mehr. 'dpa'-Meldungen werden unreflektiert übernommen, von einer formalen Überprüfung nach Wahrheitsgehalt ganz abgesehen. (...) Aufgabe des Artikels wäre es gewesen, zu analysieren, warum der Biobau in die Luft flog. (...)
Der Bombenangriff war nämlich die Antwort von Rechten auf die seit zwei Monaten schwelende Auseinandersetzung um die Gelder für die Universität. So finden seit dem Erdbeben vom November '86 ein Großteil der Vorlesungen in provisorisch errichteten Zelten statt, da viele Gebäude bis heute noch wegen Einsturzgefahr gesperrt sind. Die meisten Laborräume der Uni sind ebenfalls geschlossen, da Hilfsgelder vom Ausland für die Uni an die Militärs gingen und vom Staat auch keinerlei Wiederaufbauhilfe zur Verfügung gestellt wurde. Gelder, welche im Haushaltsplan für die Uni vorgesehen waren, wurden gar nicht oder nur zum Teil ausbezahlt. Die 8,2 Millionen Colones (1 Dollar 5 Colones), die für das letzte Trimester '88 im Haushaltsplan ausgezeichnet waren, wurden bis Mitte Dezember noch nicht an die Uni überwiesen. Dies hatte zur Folge, daß die Novembergehälter der Unibediensteten nicht ausbezahlt werden konnten, was bei einem Großteil der Arbeiter zum finanziellen Bankrott führte. Ab diesem Zeitpunkt fanden in der Uni täglich gemeinsame Versammlungen von Studenten, Arbeitern und Professoren staat, gemeinsame Demonstrationen zum Finanzministerium, an der Spitze die Universitätsleitung.
Themenschwerpunkte sämtlicher Verstaltungen waren der zunehmende und eskalierende Krieg gegen die Zivilbevölkerung, die Forderung nach dem Dialog zwischen der Regierung und der FMLN, die Einhaltung von Esqupulas II, die Korruption der Duarte-Regierung und die Zunahme der Repression, die auch die Unileitung von den Antiaufrufeinheiten zu spüren bekam. Tagelang beherrschten oben genannte Themen, durch die Uni in die Öffentlichkeit getragen, die Medien und wurden auch entsprechend diskutiert und analysiert. Die Bomben waren Antwort und Warnung auf diese politische Aktion. Zwei Tage zuvor wurde in Santa Anna aus gleichen Gründen eine Universitätsdozentin von Todesschwadronen erschossen. Die Uni ist in El Salvador einer der wenigen Orte, an denen noch politische Diskussionen von einem breiten gesellschaftlichen Spektrum geführt werden können und von daher subversiv, was in El Salvador einem Todesurteil gleichkommt.
Helmut, München
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