: Streit um Brief von Grünem Briefs
Grüner Abgeordneter Ulrich Briefs schreibt beleidigenden Brief an Fraktionskollegin / Besetzung einer Fraktionsmitarbeiterstelle Auslöser für Streit / Krach in der Bundesfraktion / Briefs in der Fraktion umstritten ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Pünktlich zum Beginn der parlamentarischen Sitzungszeit des neuen Jahres ist es in der Bundestagsfraktion der Grünen zu einer heftigen Auseinandersetzung um den Abgeordneten Ulrich Briefs gekommen.
Dem aus Nordrhein-Westfalen stammenden Ulrich Briefs wird vorgeworfen, er habe in der Fraktion „jede Möglichkeit der Kooperation zerstört“. Vor der gestrigen, nicht öffentlichen Fraktionsvorstandssitzung wurde ein Rauswurf Briefs aus der Fraktion nicht ausgeschlossen.
Vordergründiger Auslöser des Streits ist die Besetzung einer seit vier Monaten vakanten Fraktionsmitarbeiterstelle. Briefs reklamiert wegen der Nähe zu seinem Arbeitsgebiet das Vorschlagsrecht für die Stellenbesetzung für sich; die zum selben Fraktionsarbeitskreis wie Ulrich Briefs gehörenden Abgeordneten Imma Hillerich und Dietrich Wetzel sind jedoch anderer Auffassung.
Sie beharren auf einer anderen qualifizierten Kandidatin, die wiederum - so ein Beteiligter - von Briefs „zur Sau gemacht“ wurde. In diesem Zusammenhang hat Briefs an Imma Hillerich einen dreiseitigen Brief geschrieben, der gespickt ist mit persönlichsten Beleidigungen - eine Suada „haßerfüllter Angriffe“, wie Fraktionsmitglieder sagen.
Doch nicht um grüne Umgangsformen geht es, der Konflikt sitzt tiefer. Briefs, ehemals geschaßter Mitarbeiter des Düsseldorfer Forschungsinstituts des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ortet für den Konflikt nicht geführte politische Auseinandersetzungen.
Er wirft Imma Hillerich, die der Aufbruch-Gruppe nahesteht, vor, sich statt dessen hinter „administrativen Maßnahmen verstecken“ zu wollen. Briefs, der sich zur Linken in der Partei zählt, hält diesen Stil „typisch“ für eine von der Aufbruch-Gruppe vorangetriebenen Rechts-Entwicklung der Partei, die an „Harmoniegefühle und heile Welt“ appelliere.
Briefs moniert darüber hinaus seine „systematische Benachteiligung“ an Personal und Räumlichkeiten und kreidet seinen FraktionskollegInnen an, die Arbeitskreise nach falschen politischen Themen strukturiert zu haben. So hätten die Grünen keine Position im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, die Umwälzungen für Millionen Arbeitsplätze bedeuteten.
Fraktionsgeschäftsführer Michael Vesper mochte ebenso wie Frau Hillerich zu den Konflikten keine Stellung nehmen, bevor nicht eine interne Klärung zu Briefs Brief erreicht sei. Fraktionsgeschäftsführer Vesper verweist lediglich darauf, daß Mitarbeiterstellen „nicht Feudaleigentum einzelner Abgeordneter sind“, sondern vom Fraktionsvorstand besetzt werden. Für die Verzögerung der Stellenbesetzung sei Briefs durch bei ihm liegende Versäumnisse selbst verantwortlich.
Ulrich Briefs ist in der Fraktion umstritten und keinem Lager zuzurechnen. Als „überflüssiger Abgeordneter“ wird er im realpolitischen Lager eingestuft. Von Abgeordneten wird darauf verwiesen, daß sich bei dem jetzt entzündeten Streit sowohl politische Vorbehalte als auch persönliche Probleme mengten.
Briefs gesteht zu, das Schreiben sei „im Ton relativ scharf“. Für ihn sei der Punkt gekommen, wo sich „Kinkerlitzchen“ summiert hätten und die Frage stelle, „ob ich so in der Fraktion mitarbeiten kann“.
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