piwik no script img

Skins & Antifas im Freizi

■ Im Horner Jugendfreizeitheim ist dreimal in der Woche „Antifa-AG“ - mit Skins und Punks und einer weißen Maus und allen / SozialarbeiterInnen-Stellen nicht besetzt

Dreimal in der Woche iss im Freizi Horn „Antifa-AG“. Da gehen aber nicht nur die mit den grün-gelb gefärbten Haaren hin, bei denen „Gegen Nazis. Für

Freundschaft und Völkerver ständigung“ auf die Lederjacke aufgenäht ist. Da kommen auch die mit den Glatzen und die und dem Aufnäher „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein.“ Aber an drei Tagen hat das Freizi meistens zu. Denn der Sozialarbeiter „Hinni“, Hinrich Maas, hat nur eine halbe Stelle und macht sowieso schon tausend Überstunden.

Außer der „Antifa-AG“ leiert „Hinni“ mit dem schwarzen Vollbart noch den „Motorradclub“ und den „Filmclub“ an. Und besonders der Motorradclub wird sehr geschätzt: „Hinni“ gilt da als „Fachmann“. Außerdem braucht man jemand zum Quatschen. Gerade im Winter, wenn die Mofas abgemeldet sind und man auch nicht immer im Park rumhängen will. „Hinni“ hat auch einen Kollegen, Wolfgang, aber der hat we

gen dem „Nicaragua-Projekt“ nur Zeit für die „Disco“ am Freitag abend und für die Sitzungen vom „Disco-Club“.

Die Sache ist klar: „Das Freizi muß öfter offen sein.“ An die dreißig Horner Freizi-Besucherinnen fuhren deshalb gestern in die Innenstadt - ins Hochhaus von Jugendsenator Scherf. Mit den diversen Fahrstühlen ging's hoch zum 15. Stock.

Der „Ghettoblaster“ war aufgedreht, der grelle Hiphop schallte durch die Gänge und Zimmerwände der JugendbürokratInnen. Schultaschen, Fluppen, Beck's-Flaschen und eine zahme weiße Maus waren auch dabei. Scherfs Jugendreferent Heinze guckte böse und fragte: „Was soll das? „ Dann lud er alle ins Sitzungszimmer: „damit sich der In

formationsstand verdichtet“.

Zwischendurch aber verschwand er über die Hintertreppe und sagte seinem Mitarbeiter im anderen Stock Bescheid. Der blätterte schnell in den Horner Akten und schließlich fand er heraus: Die Stelle von „Hinni“ soll schon längst auf vierzig Stunden aufgestockt werden. Das ist beantragt bei der Bremer „Senatskommission für das Personalwesen“.

Die Mehr-Stunden stehen dem Horner Freizi auch eigentlich zu, weil im November ja von dort ein Sozialarbeiter weggegangen ist. „Aber“, sagt der Jugendreferent Heinze, „hier ist Einstellungsstopp. Nur, das kann ich niemand von Euch erklären.“ Die „Antifa-AG“ ist gerettet - oder auch nicht. „Der Senat wird in Kürze darüber befinden“, sagt der Akten-Mitarbeiter.

B.D.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen