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32 Jahre Haft in Düsseldorf

Vier Angeklagte aus dem militanten Widerstand zu Strafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt / Auch hier nach dem Konstrukt der „Gesamt-RAF“ Recht gesprochen / „Gewaltapostel der RAF“  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hat am Freitag die vier Duisburger Angeklagten zu hohen Haftstrafen zwischen vor und zahn Jahren verurteilt. Für alle Verurteilten wurde Führungsaufsicht angeordnet. Nobert Hofmeier soll zehn Jahre, Barbara Perau und Thomas Thoene je neun Jahre in den Knast. Diese drei hält der Düsseldorfer Staatsschutzsenat der RAF-Mitgliedschaft und der Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf das Gelände des Bundesgrenzschutzes in Swisttal-Heimerzheim für überführt. In ihrem Urteil folgten die Richter weitgehend den Anträgen der Bundesanwaltschaft. Der vierte Angeklagte, Thomas Richter, wurde zu 4 Jahren Haft wegen „mitgliedschaftlicher Betätigung“ in der RAF verurteilt. Den Verurteilten, die sich selbst zum „militanten Widerstand“ zählen, hielt der Senatsvorsitzende Arend in seiner Urteilsbegründung vor, noch während des Prozesses mit „intellektuell unterbemittelten Erklärungen“ weiter für die RAF geworben und „Sympathisanten“ auf den Zuschauerplätzen „aufgehetzt“ zu haben. Sie hätten sich „uneinsichtig, verblendet und unbeugsam“ weiter zu „Gewaltaposteln der RAF“ gemacht. Sie bauten sich von diesem Staat einen „Popanz“ auf, anstatt sich „mit dem Wahlzettel“ für die Beseitigung von „tatsächlichen oder vermeintlichen Mißständen“ zu bemühen.

Den Vorwurf der RAF-Mitgliedschaft begründete Richter Arend, wie zuvor schon in anderen Prozessen geschehen, mit dem Konstrukt der sogenannten „Gesamt-RAF“. Dazu zählt das Gericht die „Kommando-Ebene der RAF“, die „Kämpfenden Einheiten“ und den „militanten Widerstand“. Mit dem umfangreichen Schriftwechsel der Verurteilten, z.B. mit der einsitzenden, der RAF angehörenden Sieglinde Hofmann, ist für das Gericht die RAF-Mitgliedschaft erwiesen. Die Verurteilten hatten darin u.a. davon gesprochen, „den gemeinsamen Kampf mit Guerilla und Gefangenen“ organisieren zu wollen.

Die Verurteilung von Thomas Richter stützt sich im wesentlichen auf solche Erklärungen. Als einzige konkrete „Tat“ warf das Gericht ihm die Beteiligung an der Ausspähung des Leiters des Aachener Fraunhofer-Instituts vor. Die Aussagekraft entsprechender Zeugenaussagen blieb bei den Verfahrensbeteiligten allerdings höchst umstritten. Auf das Aachener Institut war wenige Wochen später von Unbekannten ein Anschlag verübt worden.

Die anderen drei Verurteilten sollen als „Kämpfende Einheit Crespo Cepa Gallende“ den Anschlag auf die Bundesgrenzschutzanlage durchgeführt haben. Eine Zeugin will Barbara Perau Wochen vor dem Anschlag am 11.8.86 am Zaun gesehen haben. Als wichtigstes „Beweisstück“ wertete das Gericht ein in der Wohnung von Perau und Hofmeier gefundenes Bekennerschreiben. Weil dieses Schreiben bei der Durchsuchung am Morgen des 13.8. Um 6 Uhr 25 gefunden wurde, schloß das Gericht, sie hätten es auch selbst verfaßt. Später gefundene Bekennerschreiben seien alle am 12.8. aufgegeben worden. Das Schreiben hätte deshalb den Verurteilten nicht zugesandt werden können.

Thomas Thoene, bei dem mehrere der in „Antiimp„-Kreisen kursierenden Anleitungen zum Bau von Bomben gefunden wurden, hält das Gericht für überführt, weil in einer von Thoene versteckten Tasche mehrere „Haushaltshandschuhe“ mit „Zucker -Chloratanhaftungen“ gefunden worden seien. Genau dieses Laborat sei bei dem Anschlag in Swisttal benutzt worden.

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