: „Was weg ist, ist weg“
■ Dieter Oberndörfer, Tropenholzgutachter des Bundeskanzlers, fordert Importverbot
Auf Anforderung des Bundeskanzleramts legte der ehemalige Leiter des sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Konrad Adenauer Stiftung, der Freiburger Politikprofessor Dieter Oberndörfer, Ende letzten Jahres eine Studie mit diesen Erkenntnissen vor, die Tropenholzimporteure wie wirtschaftsfreundliche Politiker gleichermaßen verschreckte. Sein kompromißloser Therapievorschlag: Schuldenerlaß für die verarmten Länder und Verbot des Imports von Tropenholz.
taz: Wie hat das offizielle Bonn auf ihre Studie reagiert?
Oberndörfer: Sie wurde Mitte Dezember vom Kanzleramtsminister Schäuble in Bonn der Öffentlichkeit vorgestellt. Er hat sich dabei hinter die Grundlinien der Studie gestellt und hinsichtlich des Tropenholzboykotts sagte er, er fände meine Argumente überzeugender als andere.
Es soll eine Gegenstudie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung geben?
Nein, aber ein Papier, das das BMZ dem entwicklungspolitischen Ausschuß des Bundestages vorgelegt hat und das den Schwerpunkt auf eine geregelte und nachhaltig betriebene Forstwirtschaft legt. Natürlich bin ich auch für Wiederaufforstung, doch wir müssen schnell etwas unternehmen gegen die Vernichtung, die menschheitsgeschichtlich epochal ist. Wenn das weg ist, ist es weg.
Nun werfen die Tropenholzimporteure ihnen vor, Sie als Politologe hätten von der Forstwirtschaft, ihrem „nachhaltigen“ Einschlag und ihrem Verhaltenskodex keine Ahnung.
Verhaltenskodex hin und her, ich bin doch in diesen Ländern gewesen und habe gesehen, was da passiert. Der eine mag sich daran halten, aber dann kommt der nächste. Im übrigen gibt es bis heute keine genaue Kenntnis der Reproduktions -Vernetzungsfelder, wie will man da Aussagen über die Gefahr eines selektiven Einschlags treffen. Die Holzhändler schieben immer alles auf die Brandrodung der armen Bauern, doch der Weg in die Wälder wird durch den Holzimport erst geebnet. Schließlich geht alles in so rasendem Tempo vor sich, daß eine internationale Großaktion dringend angebracht ist. Wir können doch nicht auf die Revolution oder andere Regierungen in diesen Ländern warten.
Waren Sie immer schon dieser Meinung?
Ich habe mich in die Literatur eingearbeitet, das hat mich überzeugt. Es gibt ja auch so eine Art innerer Logik. Die Holzhändler sollen mir mal sagen, wie sie das Sterben des Regenwaldes verhindern wollen. Die Holzwirtschaft wird im übrigen an einem Importstopp keinen Schaden nehmen. Daß der 'Spiegel‘ geschrieben hat, es gingen 640.000 Arbeitsplätze durch den Boykott verloren, halte ich für Kappes. Im Gegenteil: Hiesige Bauern könnten davon profitieren, weil ja das Tropenholz teilweise auch zu Dumpingpreisen geliefert wird.
Leisten Sie nun Überzeugungsarbeit in Bonn?
Nein. Mein Gutachten liegt vor. Nun müssen die Ressorts entscheiden.
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