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Schizophren-betr.: "Der obszöne Charme des BKA", taz vom 19.1.89, Anzeige "Testsieger Fielmann", taz vom 20.1.89

betr.: „Der obszöne Charme des BKA“, taz vom 19.1.89, Anzeige „Testsieger Fielmann“, taz vom 20.1.89

Bisher hatte die taz den angenehmen Vorzug, mit ihren Bildern - zumindest in den meisten Fällen - nicht sexistisch zu sein. Das vom 'Spiegel‘ übernommene und dreispaltig gedruckte Foto „Chef des Bundeskriminalamtes, Boge, vor dem Ganzkörper-Foto von Adalheid Schulz“ auf der Frauenseite entlarvt vielmehr den Sexismus dieser Gesellschaft. Dies in hervorragender Weise, weil die von Boge eingenommene und die bei Adelheid Schulz vergewaltigend erzwungene Pose in ihrem Zusammenspiel einen Prototyp patriarchalischer Herrschaftsverhältnisse darstellt: Der Mann ernsthaft sinnierend mit aktiven Händen und damit ernst zu nehmen; selbstsicher breitbeinig und damit dem ihm als Mann vermeintlich gebührenden Raum einnehmend (...). Die Frau hingegen verkniffen zweifelnd und unsicher mit passiv herabhängenden Armen und damit vernachlässigbar; mit leicht schamhaft nach innen angewinkeltem Bein und damit der ihr als Frau vermeintlich gebührenden Eingrenzung gehorchend.

Einen Tag später erschien das vierspaltig gedruckte Anzeigen-Foto „Testsieger Fielmann“. Hier wird nicht Sexismus entlarvt, sondern mit Sexismus eine Brillenmarke verkauft! Dies mit einem anderen körpersprachlichen Muster, das männerdominierte Machtverhältnisse symbolisiert: Der Mann seriös (gekleidet), streng, überzeugt und überlegen, eben beherrschend den Blick direkt auf die Dinge bzw. die bildbetrachtenden Menschen richtend und daher als Verhandlungspartner ernstzunehmen; zudem hat er die Frau mit seiner, ihren Rücken umfassenden Hand voll im Griff. Die Frau hingegen: (unseriös) schulterentblößt, mit hingebungsvoll nach hinten geneigtem Kopf, geschlossenen Augen und zum Kuß ansetzenden Lippen, dem „Unfehlbaren“ in Körper, Kopf und Blick vollständig zugewandt und daher als unterwürfige, leichte Gespielin bloßes Beiwerk; zudem wird sie - abgesehen von seiner vereinnahmenden linken Hand - von ihm vollständig ignoriert, was sie in letzter Konsequenz auf ein verfügbares Sexualobjekt reduziert, wann er es will.

Nun ist die taz eine der ärmsten, wenn nicht die ärmste Tageszeitung in der BRD, und versucht durch das vermehrte Heranziehen kommerzieller Anzeigen ihr minimales Anzeigenaufkommen zu vergrößern, um damit ihr ökonomisches Überleben zu sichern. Dennoch: überall wo ich hinschaue, schlägt einem die bildliche Inszenierung des Sexismus entgegen. Das widert mich an, nicht nur weil jede sexistische Darstellung die Herrschaftsverhältnisse zementiert: jedes Mal, wenn wir eine solche auch als bloße BetrachterInnen nachvollziehen, begründen und rechtfertigen wir die Ungleichheitsverhältnisse aufs neue. Bleibt die Frage: muß die taz so schizophren weitermachen, in der einen Ausgabe Sexismus entlarvend und bekämpfend, in der folgenden ihn duldend und bestätigend?

Helmut Maier, Tübingen

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