Scholz plant Abstürze für alle

Mit dem Vorschlag einer Verteilung der Tiefstflug-Übungen über die gesamte BRD geht der Verteidigungsminister heute in die Bund-Länder-Kommission / Unterstützung von CDU-Ländern  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Vor dem heutigen Treffen der Bund-Länder-Kommision zur Reduzierung des Tiefflugterrors zeichnet sich eine Verteilung der Tiefstflugübungen bis 75 Meter über die gesamte BRD ab. Dafür sollen die bisherigen sieben ausgewiesenen Tiefstfluggebiete, in denen bis auf 75 Meter heruntergegangen werden kann, aufgelöst werden, um die Bevölkerung zu entlasten.

In die Verhandlung mit den Bundesländern wird Verteidigungsminister Scholz (CDU) heute in seinem Bonner Ministerium mit dem Vorschlag einer Tiefflugrotation gehen. Danach soll die BRD in 49 Bereiche aufgeteilt werden, von denen pro Monat jeweils sieben ausgesucht werden, in denen bis in eine Flugtiefe von 75 Metern geknallt werden darf. Jedes Gebiet würde nach diesem Plan zweimal pro Jahr dem Tiefstflug ausgesetzt. Im Rest der Republik könnte wie bisher bis zu einer Mindestflughöhe von 150 Metern geübt werden. Was für die bislang bis hin zu gesundheitlichen Schäden belasteten Bewohner ausgewiesener Tiefstfluggebiete eine Erleichterung bedeuten könnte, ist für den Rest der Bundesdeutschen ein Wechsel vom Regen in die Traufe. Statt, wie bundesweit gefordert, Tiefflüge zu reduzieren, erhöht sich für sie das Gefährdungspotential durch Lärm und Absturz.

Insbesondere die CDU-regierten Länder scheinen bereit, das Modell mitzutragen. „Das Rotationssystem hätte die niedersächsische Zustimmung“, erklärt der Sprecher der Staatskanzlei in Hannover, Werren. Niedersachsen ist mit drei Tiefstfluggebieten innerhalb der Landesgrenzen bislang am stärksten von den 75-Meter-Übungen betroffen.

Unterstützung findet Scholz auch in Bayern und Baden -Württemberg. Die hessische CDU-Regierung wollte vor den Verhandlungen keine Stellung nehmen. Auch im CDU-regierten Bundesland Rheinland-Pfalz tut sich die Landesregierung schwer mit einer Aussage. Schließlich hat das dortige Parlament in einer All-Parteien-Koalition ein Verbot von Flügen unter 300 Metern gefordert. Rheinland-Pfalz hat zwar kein 75-Meter-Tiefstfluggebiet, ist aber durch die Konzentration von acht Militärflugplätzen durch normalen Tiefflug sowie Starts und Landungen am stärksten in der BRD belastet. Ministerpräsident Wagner (CDU) hat davon allerdings nur die Forderung nach „wesentlicher Reduzierung“ übernommen und will nun abwarten, „was Scholz vorlegt“, sagt sein Sprecher Bastian.

Von den SPD-regierten Flächen-Ländern - über Hamburg und Bremen gibt es keinen Tiefflug - spricht sich Schleswig -Holstein am klarsten gegen das Rotationsmodell aus. Die besondere Belastung in einem Tiefstfluggebiet wird dabei abgewogen gegen die wirtschaftliche Bedeutung der zwei Fliegerhorste in der strukturschwachen Region, heißt im Wirtschaftsministerium. Der Sprecher der nordrhein -westfälischen Landesregierung, Wildberger, hält es für möglich, daß die Verteilung „doch was bringt“, ohne sich darauf festlegen zu lassen.