Bonner Atom-Export nach Indien

■ FDP-Ministerien sollen die Ausfuhr von atomwaffenfähigem Beryllium nach Indien genehmigt haben / SPD: „Eklatante Verletzung des Atomwaffensperrvertrages durch die Bundesregierung“

Berlin (dpa/taz) - Wenig Nachdruck legt die Bundesregierung offenbar auf die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages. Nach Informationen des 'Spiegel‘ haben das Wirtschafts- und das Außenministerium 1984 die Ausfuhr des atomwaffenfähigen Metalls Beryllium nach Indien genehmigt. Falls diese Meldung zutreffe, sagte der SPD-Abgeordnete Harald Schäfer, habe die Bundesregierung „in eklatanter Weise ihre Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Atomwaffensperrvertrag verletzt“.

Per Formblatt, so das Nachrichtenmagazin, erlaubten die FDP -geführten Ministerien am 15.März 1984 der Hanauer Firma Degussa, 95 Kilogramm Beryllium nach Indien zu exportieren. Die Lieferung sei an das Bhabha Atomic Research Center (BARC) in Trombay nördlich von Bombay erfolgt. Beryllium ist strikt genehmigungspflichtig und steht auf der Bonner Ausfuhrliste, die den Export von waffentauglichem Nuklear -Material in „Problemländer“ verhindern soll.

Die Genehmigung wurde zu einem Zeitpunkt erteilt, als sich weltweit die Gerüchte verdichteten, daß Indien nach seiner Atombombe auch noch eine Wasserstoffbombe entwickele. Daher stoppten die USA im Juni 1983 alle amerikanischen Lieferungen nach Indien. Drei Monate später habe die Degussa den ersten von zwei Ausfuhranträgen gestellt und als Verwendungszweck Forschungs- und Entwicklungsarbeiten angegeben. Ein großer Teil des gelieferten Materials stammt dem 'Spiegel‘ zufolge aus den USA, für die die Degussa als Zwischenhändler fungierte.

Mit Beryllium lassen sich nukleare Kettenreaktionen anheizen - beim Starten von Atomreaktoren oder bei der Zündung einer Atombombe. Dies sei in Bonn bekannt gewesen. Bereits 1980 hätte das Forschungsministerium bei der Entscheidung über einen Export-Antrag für Beryllium-Nitrat nach Indien festgestellt. Das Metall könne „als Neutronenreflektor beim Bau von Kernwaffen verwendet werden“, zitiert der 'Spiegel‘ die Bonner Fachleute.

peb