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Schließen oder Klotzen

■ Lagerhaus Schildstraße kämpft ums Überleben / Letzte ABM-Stelle läuft 1990 aus Lagerhausmitarbeiter: Henning Scherf ist am Zuge / Aktionstage bis zum Wochenende

Es ist wieder mal so weit. Das nächste Kulturprojekt in Bremen steht vor dem Kollaps. In monotoner Regelmäßigkeit sind sozio-kulturelle Einrichtungen von der Schließung betroffen - diesmal geht es dem Lagerhaus Schildstraße an den Kragen. Die Fakten sind genauso profan wie alarmierend: 7 ABM-Stellen hatte der Trägerverein des Kulturzentrums bis Ende letzten Jahres. Seit Beginn dieses Jahres gibt es nur noch vier, am 30.6.89 werden es noch gerade zwei Stellen sein und Anfang 1990 sind es gar keine arbeitsbeschafften Mitarbeiter mehr.

Doch so weit wollen es der Trägerverein und die Nutzergruppen des Kulturprojektes im Ostertorviertel nicht kommen lassen. An sechs Aktionstagen soll „die politische und gesellschaftliche Öffentlichkeit mobilisiert werden“,

erklärt Helmut Plaß, einer der letzten verbliebenen ABMler. Um im Lagerhaus die organisatorische und inhaltliche Arbeit zu gewährleisten, fordern die Betreiber 17 Stellen. Acht davon sind allein für die Bewirtschaftung des Gebäudekomplexes notwendig, an inhaltliche Kulturarbeit ist auf dieser Grundlage noch gar nicht zu denken.

Der Schwarze Peter für die momentane Misere ist für Plaß schnell ausgemacht. „Jugend-und Sozialsenator Scherf hat immer wieder angeregt, unser Vorhaben über ABM-Verträge laufen zu lassen. Nachdem die Bundesanstalt für Arbeit die Gelder jetzt zurückgeschraubt hat, soll Scherf gefälligst handeln.“

Angesprochen auf ähnliche Probleme in anderen Bremer Kulturgruppen und Initiativen, gibt sich Plaß eher diplomatisch: Aus

welchen Töpfen das notwendige Geld kommen soll, will nicht er vorschlagen, verweist aber auf die Eigenleistung von rund 100 ehrenamtlichen Lagerhausmitarbeitern, die die Aktivitäten der einzelnen Nutzergruppen (Kurdische Kulturgruppe, Mobile, Türkischer Jugendverband u.a.) aufrecht erhalten. Zudem sei der Gebäudewert des Kulturzentrums mittlerweile dreimal so hoch wie bei der Übernahme durch den Trägerverein. „Wohlgemerkt, es handelt sich um eine Immobilie des Landes Bremen.“

Die Ansprüche und weiteren Aktionspunkte umreißt Plaß so: „Wir wollen weiter ein Forum für die Menschen im Ostertor bieten, die politische und kulturelle Arbeit im Stadtteil widerspiegeln und mit unserer Ausländerarbeit weiter integrativ wirken.“ Das Ergebnis der allabendlichen Akti

vitäten der Aktionswochen und der am Freitag stattfindenden Podiumsdiskussion (20.00 Uhr, Lagerhauscafe) soll noch abgewartet werden. Danach, so Plaß, „ist alles drin, von der Schließung bis zum Klotzen“.

Höhepunkt des ersten Abends waren die Auftritte der Gruppen HiJack Jumbos, die im besten Underground-Stil, ein Geheimtip in der Bremer Musikszene, eine kurdisch-türkisch -deutsche Jugendtanzgruppe, sowie die immer professioneller agierenden Shizo Flamingos, diesmal sogar mit Saxophonunterstützung von Achim Gätjen.

Wie weit der Einsatz der Lagerhausmitarbeiter mitunter gehen kann, bewies anschließend Martin Pollkläsener. Er stand auf dem Männerklo knöcheltief in der Jauche und lächelte.

Jürgen Francke

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