: Richter-Segen für FAP-Demonstration
■ Stader Verwaltungsrichter entschieden: Neonazis dürfen am Samstag in Rotenburg aufmarschieren Begründung: Die FAP sei in Rotenburg immer friedlich gewesen, nur die Linken gewalttätig
Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), die sich offen in die Tradition der NSDAP Hitlers stellt, sei friedlich und diszipliniert, stellte das Stader Verwaltungsgericht am Mittwoch fest. Gewalttätig seien in den vergangenen Jahren nur die politischen Gegner der FAP gewesen. Mit dieser Begründung hat die erste Kammer unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Dr. Karl-Heinz Dreioker entschieden, daß die FAP am kommenden Samstag in Rotenburg an der Wümme demonstrieren darf. Bei seiner Entscheidung stützte sich das Gericht
auf Polizeiberichte von früheren FAP-Demonstrationen in Rotenburg.
Schon 1987 und 88 hatte es Aufmärsche von jeweils weniger als 100 FAP-Leuten in Rotenburg gegeben. Im letzten Jahr, erinnern sich Teilnehmer einer Gegendemonstration, zog der nationalsozialistische Aufmarsch das Horst-Wessel-Lied singend und mit abgewandeltem Hitlergruß durch die Stadt. Sie waren dabei ausgiebig von der Polizei beschützt worden. Beide Demonstrationen hatte der Landkreis ohne Umstände genehmigt. Als
der Bundeswehrsoldat Michael Giese aber Mitte Januar für die FAP einen erneuten Antrag einreichte, sagte die Kreisverwaltung nein. Allerdings nicht aus vollem Herzen. Der stellvertretende Oberkreisdirektor Dr. Fitschen: „Die Politiker sollen uns nicht wieder vorwerfen können, daß wir die Rechtsradikalen demonstrieren lassen.“ Daß der Landkreis mit seinem Verbot vor dem Verwaltungsgericht in schlechten Schuhen steht, das wußte Fitschen im voraus: „Da fallen wir auf den Bauch. Die FAP war immer friedlich. Bei den
festgenommenen Gegende monstranten wurden Messer und Steine gefunden.“
Die FAP demonstriert unter dem Motto: „Weg mit der EG -Mißwirtschaft“ und hat 250 Teilnehmer angemeldet. Der Wahlerfolg der Republikaner in Berlin habe ihr den Rücken gestärkt, vermutet die örtliche VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes).
Die SPD, der DGB, die Grünen, die VVN und andere Gruppen rufen für Samstag zu einer Gegendemonstration und Kundgebung auf. Bodo Räke, der SPD-Bürgermeister der Stadt wird dort sprechen. Weitere Redner Innen: Gertrud Schröter von der VVN und Harald Schütz, Vorsitzender der Postgewerkschaft aus Bremen. Erst wollten die Antifaschisten mit ihrer Veranstaltung auf den Freitagabend ausweichen. Doch auf einer DGB- Kreisvor
standssitzung am vergangenen Wochenende fiel die Entscheidung: Den Neonazis soll nicht die Straße überlassen werden. Dennoch achten die Antifaschisten auf Abstand: Sie wollen ihre Kundgebung beendet haben, wenn sich die FAP um 12 Uhr sammelt. Eines soll von beiden Aktionen unberührt bleiben: Die Versteigerung der größen Pinkelwurst der Welt. Die wird nämlich am Samstag Vormittag in der Innenstadt steigen und später ins Guiness-Buch der Rekorde eingehen. Die FAP und ihre Gegner machen darum einen großen Bogen; beide Demos bewegen sich über die Wälle und durch die Vororte Rothenburgs.
Mw
Beginn der Anti-FAP-Demonstration um 10 Uhr an der Stadtkirche in Rothenburg. Kundgebungsbeginn 11 Uhr. Abfahrt von Bremen: 9.00 Uhr ab Uni.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen