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Einschlägig bekannt

■ Gedenkstätten-Schändung vor der Aufklärung: Mutmaßlicher Täter als militanter Neonazi bekannt

Der Mann, der 1970 aus dem dunklen Tiergarten den sowjetischen Ehrenmal-Soldaten Tscherbak angeschossen hatte, 1978 einen Brandanschlag auf ein Parteibüro der SEW verübte und in den achtziger Jahren in Sprengstoffanschläge von neonazistischen Südtiroler Bombenlegern verwickelt war, ist offenbar auch für die in den letzten Wochen erfolgte Schändung der drei Berliner Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus verantwortlich.

Die Polizei teilte gestern mit, daß der Fall kurz vor der Aufklärung stehe. Neben dem tatverdächtigen 40jährigen Ekkehard W., der erst vor einem Vierteljahr aus der Haft in Wien entlassen wurde, steht auch eine 28jährige Berlinerin in dringendem Verdacht, an den Schändungen beteiligt gewesen zu sein. Die Frau wurde nach der Veröffentlichung einer Phantomzeichnung aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung als mutmaßliche Käuferin von sechs Schweinekopfhälften aus einem Zehlendorfer Supermarkt ermittelt. Bei einer Gegenüberstellung mit Zeugen wurde sie erkannt. Über die Frau liegen bisher keine weiteren Erkenntnisse vor. Beide Tatverdächtige, deren Wohnungen am Montag von der Polizei durchsucht wurden, schweigen zu den Vorwürfen.

Die Schweinekopf-Anschläge auf die Gedenkstätte Plötzensee, das Mahnmal für Rosa Luxemburg am Landwehrkanal im Tiergarten, sowie das Jüdische Mahnmal an der Weddinger Putlitzbrücke in der Nacht zum 7. Januar waren von CDU -Mitgliedern als Taten von „Verrückten oder Geistesgestörten“ bezeichnet worden.

Ekkehard W., der selbst vor Gericht noch im Jahre 1979 während seines SEW-Prozesses in Berlin einen 'dpa' -Journalisten krankenhausreif schlug, ist einschlägig als Rechtsextremist bekannt. Zu den Anschlägen hatte sich eine „Bewegung 20. April“ bekannt. Sie wollten wohl mit der Schändung auf ihre Weise den 100. Geburtstag von Adolf Hitler feiern. Die beiden mutmaßlichen TäterInnen befinden sich auf freiem Fuß.

ccm

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