: Die kommenden Opfer
Wahlsieg der „Republikaner“ verschärft die Asyldebatte ■ K O M M E N T A R E
Nach dem Wahlerfolg der „Republikaner“ in Berlin zweifelt kaum jemand daran, daß die Unionsparteien versuchen werden, den rechten Wählerrand mit einer Verschärfung der Ausländerpolitik wieder an sich zu binden. Trotz öffentlicher Beschwörungen, man dürfe den Republikanern nicht einfach hinterherlaufen, befürchten auch Vertreter des eher liberalen Arbeitnehmerflügels der CDU, daß nun die Luft dünn werden wird.
Doch so sehr der Druck von seiten der CSU und Teilen der eigenen Basis zunimmt, wird sich die CDU kaum einen linearen Rechtsruck in ihrer Ausländerpolitik leisten können. Zu groß sind derzeit nicht nur die Widerstände bei der FDP, sondern auch bei einem humanistisch-sozial engagierten Spektrum in der eigenen Partei. Und nicht zuletzt hat sich auch bei der CDU die Erkenntnis durchgesetzt, daß Ausländer billige Arbeitskräfte, pünktliche Steuerzahler und notwendige Rentenfinanziers sind.
Die Diskussion, wie man das rechte Volksempfinden wieder vereinnahmen kann, wird sich daher auf eine Gruppe konzentrieren, auf die Asylbewerber. Wenig integriert in den Alltag, per Gesetz isoliert und rechtlos gehalten sind sie die Bauern, die im Schachspiel um Wählerschichten ohne Verluste geopfert werden können. Betroffen werden dabei die Flüchtlinge sein, die durch das Netz der immer restriktiveren Asylpolitik längst hindurchgerutscht sind und die hier nur noch vorübergehend „geduldet“ werden, weil Bürgerkriege in ihrer Heimat einer Abschiebung entgegenstehen. Sie sind die Schwächsten unter den Schwachen. Sie abzuschieben gilt selbst in SPD-Kreisen als populär. Die Vorschläge für diese Abschiebungen liegen längst in den Zimmermannschen Schreibtischschubladen. Nun wird man sie entstauben.
Vera Gaserow
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen