Solang die Augen glotzen können

■ Ab Februar zwei zusätzliche private Fernsehprogramme über Antenne

Jetzt kann es auch in Bremen losgehen mit der schönen neuen Flimmerwelt. In zweiter Lesung verabschiedete gestern die Bürgerschaft ein Landesmediengesetz, daß unter anderem die Vergabemodalitäten für terrestrische Frequenzen festlegt. Und da es noch eine ganze Weile dauern wird, bis das Vergabegremium gegründet ist, beschloß die Bürgerschaft gleich ein Vorschaltgesetz dazu, mit dem es möglich wird, die beiden schon jetzt zur Verfügung stehenden neuen Frequenzen noch in diesem Monat zu vergeben.

Ohne monatliche Kabelgebühren und ohne eine teure und monströse Satelitenantenne auf den Dach, sondern mit einer ganz normalen Hausantenne wird auf der ersten Frequenz dann zunächst das ARD-Anhängsel 1-plus und nach drei Monaten der ZDF-Kanal 3-sat zu sehen sein. Die zweite Frequenz teilen sich nacheinander die privaten Sender SAT-1 und RTL-plus.

In einem halben Jahr sollen dann die öffentlich-rechtlichen je einen Kanal zwischen 18.00 und24.00 Uhr nutzen können. In der übrigen Zeit können die Privaten diese Frequenz nutzen. Das bedeutet aber nicht, daß unverkabelte BremerInnen in der attraktivsten Sendezeit auf die Dauerberieselung mit amerikanischen Serien, einem Schwerpunkt von Sat-1 und RTL -plus, verzichten müssen. Die Ankündigung Bremens, öffentlich-rechtliche Programmanbieter bevozugt zu behandeln, hat die Bundespost zu findigen Frequenzsuchern gemacht. Eine dritte ist bereits gefunden, eine vierte in Aussicht.

„Das wäre nicht so gelaufen, wenn wir schnell an die Privaten vergeben hätten“, meinte gestern in der Debatte Bürgermeister Klaus Wedemeier und SPD Medienexperte Manfred Fluß konstatierte erstaunt und erfreut eine große Übereinstimmung der Parteien. Auch die Grünen hatten keine grundsätzliche Kritik an der Bremer Medienpolitik gehabt. „Die Technik hat die Politik ausgehebelt“, beschrieb Fraktionssprecher Ralf Fücks beschränkte Handlungsspielräume, wollte aber wenigstens „bescheidene Ziele“ verwirklicht sehen, wie einen offenen Kanal für Medienproduktionen von Laien und Arbeitsfelder und Finanzen für Kulturschaffende in Bremen.

Richtig grundsätzlich war nur noch die CDU und zwar grundsätzlich für die Privaten. „Die SPD maßt sich an zu sagen, was die Bürger sehen dürfen und was nicht,“ schalt ihr Redner Klaus Bürger. Angesichts des künftigen Angebots konnte noch nicht einmal der Oppositionskollege, FDP -Fraktionsvorsitzender Claus Jäger, eine solche Aussage verstehen: „Der Bremer Bürger wird, was Informationsvielfalt angeht, besser bedient als anderswo.“

hbk