: Krawall beim Ball
■ Der Wiener Opernball stellt Jahr für Jahr seine Klientel zufrieden
Wien (taz) „Eat the rich!“ skandierten die DemonstrantInnen vor der Wiener Oper, während der „Ball der Bälle“ eröffnet wurde. Und: „Wir zerstören Eure Paläste zu Asche und Glut!“
-„Dein ist mein ganzes Herz“ intonierte drinnen Jose Carreras aus der Operette „Land des Lächelns“. Er rettete zusammen mit Weltstar Placido Domingo den Abend, denn internationale Prominenz war dünn gesät.
Während Bundespräsident Waldheim mit Ehefrau Sissi, letztere in champagnerfarbenem Georgette mit reichlich Straß, in der Mittelloge Platz nahm und der bundesdeutsche Innenminister Zimmermann der „Fächerpolonaise“ zuschaute, lieferten sich draußen Polizisten und Demonstranten die größte Straßenschlacht seit langem.
2.000 Polizisten waren im Einsatz, an die 5.000 DemonstrantInnen hatten österreichische autonome Gruppen mobilisiert. Bilanz der Ballnacht, laut Polizeiangaben: 50 Verletzte, darunter 25 Polizisten und drei Journalisten, zwölf Festnahmen, mehrere zertrümmerte Pkws und einige zerschmetterte Fensterscheiben.
„Chaoten“ aus allen österreichischen Bundesländern und selbst aus der BRD, hatte das Massenblatt 'Kronenzeitung‘ gewarnt, befänden sich auf „Sternfahrt“ Richtung Wien. Polizeichef Günther Bögl hatte angekündigt: „Wir müssen die Sicherheit der Gäste gewährleisten. Wenn nötig, mit Gewalt.“ und: „Wir sind auf alles vorbereitet.“
„Formiert's Euch! Steht's nat uma!“ schallte es aus dem Lautsprecherwagen. Die DemonstrantInnen warteten frierend. Auch die taz-Korrespondentin fror. Sie hatte wieder einmal vergessen, sich eine Loge in der Oper - Kostenpunkt bis ca. 20.000 DM - reservieren zu lassen. Am nächsten Morgen haben ÖVP-Politiker die nächtlichen Auseinandersetzungen dazu genutzt, eine Aufrüstung der Polizei zu fordern. Sie verlangten - zum nächsten Opernball - den Einsatz von „echten“ Wasserwerfern.
Martina Kirfel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen