: Sandmännchen kann aufatmen
■ HR und SWF wollen junge Zuschauer auch in Zukunft mit dem Wichtelmann ins Bett schicken
Frankfurt (dpa) - „Nun liebe Kinder, gebt fein acht, ich hab‘ Euch etwas mitgebracht“. Mit diesem Spruch hat das Sandmännchen seit Anfang der sechziger Jahre mehreren hundertausend kleinen Fernsehkonsumenten das Einschlafen versüßt. Doch der lustige Knirps, der werktags am frühen Abend die Herzen einer treuen Fan-Gemeinde höher schlagen läßt, soll in einigen Bundesländern aus dem Programm genommen werden (s. taz vom 18.1. 1989).
Im Sendegebiet des Hessischen Rundfunks (HR) und „Südwest 3“ können die drei- bis fünfjährigen Sandmännchen -Liebhaber jedoch aufatmen: HR und SWF wollen ihre jungen Zuschauer auch in Zukunft mit Geschichten des kauzigen Wichtelmännchens ins Bett schicken. „Bei uns wird das Sandmännchen vorerst nicht in Pension geschickt“, sagt Hans-Joachim Mendig, Leiter der Programmabteilung Fernsehserien bei der Werbung im Hessischen Rundfunk. Der HR habe in den vergangenen Jahren in einem „gemeinsamen Pool“ mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) und dem Sender Freies Berlin (SFB) jährlich rund 200 Trickfilmproduktionen mit einem Kostenvolumen von mehr als zwei Millionen Mark für die Kinderserie herstellen lassen. Bis Ende des Jahres stünden genügend neue Produktionen zur Verfügung. Von 1990 an werde der Sender Wiederholungen ausstrahlen. Die Programmreserven reichten noch für fünf bis zehn Jahre aus.
Ankündigungen anderer ARD-Rundfunkanstalten, noch in diesem Jahr dem Beispiel des Sender Freies Berlin zu folgen, der den Sandmann zu Anfang des Jahres aus dem Programm genommen hatte, lösten bei Politikern, Kirchenvertretern, Eltern und Kindern einhelligen Protest aus. So beklagten die Grünen im Hessischen Landtag bei HR-Intendant Hartwig Kelm „die öffentlich-rechtliche Hinrichtung“ des Sandmanns. Der medienpolitische Sprecher der rheinland-pfälzischen CDU -Landtagsfraktion, Heinz-Georg Diehl, forderte den Südwestfunk auf, „lieber das 'Sandmännchen‘ als 'Rauchende Colts‘ zu senden“. Wenn man bereit sei, „für die letzten ausländischen Serien“ Millionenbeträge auszugeben, sollte man „auch die Größe haben, den Kleinen ihren liebgewonnenen Wichtelmann zu lassen“.
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