: Mit dem Radl nach Altötting
■ Ski-WM: Gold für Ulrike Maier und Martin Hangl, Bronze für Michaela Gerg
Berlin (taz) - Bitterlich kalt war es bei den Alpinen Skiweltmeisterschaften in Vail/Colorado auch, als am Mittwoch die Super-Riesenslalomläufe der Frauen und der Männer gestartet wurden. Zwar herrschten nicht mehr solch perfide Temperaturen wie tags zuvor beim Frauenslalom (Siegerin Mateja Svet/Jugoslawien), als am Start minus 35 Grad Celsius gemessen wurden, aber die 22 Grad, die die dünngekleideten Läufer und Läuferinnen beim sogenannten Super-G aushalten mußten, reichten vollauf für die ein oder andere Gänsehaut.
Die Empfehlung des Internationalen Ski-Verbandes (FIS), bei mehr als zwanzig Kältegraden keine Rennen zu starten, ist bei einer Weltmeisterschaft solange in den eisigen Wind gesprochen, wie es keine verbindliche Regelung gibt.
„Wir können nichts anderes tun, als allen Läufern Gesichtsmasken überzuziehen, um Erfrierungen im Gesicht zu verhindern“, meinte der deutsche Mannschaftsarzt Hubert Hörterer, und diese Gesichtsmaske wäre der bundesdeutschen Medaillenhoffnung Michaela Gerg fast zum Verhängnis geworden. Was für die Athletin eine lästige Notwendigkeit war, stellte für die Sponsoren ein Geschenk des Himmels dar. Dort, wo sonst nichts als ein nutzloses Gesicht unter dem Helm hervorschaute, erstreckte sich plötzlich eine wunderhübsche Werbefläche. In Sekundenschnelle prangte auf der Maske eine Firmenaufschrift, die nur den Nachteil barg, daß sie nach FIS-Richtlinien verboten war und die sofortige Disqualifikation nach sich gezogen hätte. Zum Glück für Frau Gerg kam kurz vor dem Start der FIS-Beauftragte Heinz Krecek daher und überklebte das illegale Signet mit einem Heftpflaster.
Dem Medaillengewinn der Michaela Gerg stand nun nichts mehr im Wege. In nahezu fehlerfreier rasanter Fahrt sauste sie die 1,67 Kilometer lange Strecke hinunter und blieb nur vier Hundertstelsekunden hinter der Gold-, eine Hundertstelsekunde hinter der Silbermedaillengewinnerin zurück. So wußte sie nicht recht, ob sie sich über die Bronzemedaille nun freuen oder ärgern sollte, entschied sich dann aber für das Freuen.
„WM-Dritte wird man schließlich nicht alle Tage“, tröstete sie sich, und auch Vater Kaspar in Lenggries nahm die vier Hundertstel, die einem Rückstand von 84 Zentimetern entsprachen, voller Gleichmut hin: „So ist das eben.“
Auf der hartgefrorenen Piste waren die Läufer und Läuferinnen, die zuerst an den Start gingen, eindeutig im Vorteil. Beide Rennen in dieser Disziplin - eine Art gezähmter Abfahrtslauf, bei dem viele Tore, deren Anzahl zehn Prozent der Zahl des Höhenunterschieds betragen soll, für zahlreiche Kurven und Tempominderung sorgen - wurden von den Startern mit der Nummer 1 gewonnen. Bei den Frauen siegte Ulrike Maier aus Österreich vor ihrer Landsfrau Sigrid Wolf, bei den Männern hatten die Schweizer Martin Hangl und Pirmin Zurbriggen die Nasen vorn. Den dritten Platz belegte überraschend der Jugoslawe Tomaz Cizman. Markus Wasmeier wurde Fünfter.
Familie Maier feierte die Goldmedaille von Tochter Ulrike auf eigene Art. Vater Bartl kurvte, wie versprochen, angetan mit Trachtenanzug, gewappnet mit einer Flasche Obstler, auf seinen alten Holzbrettern von 1931 die Rennstrecke hinunter. Michaela Gerg steht eine etwas beschwerlichere Würdigung ihres Erfolgs bevor: eine Wallfahrt „mit dem Radl“ von Lenggries nach Altötting.
Matti
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