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Nazis dürfen heute tagen

■ Gerichte heben Verbotsverfügung für NPD-Parteitag auf / NPD erwartet 1.000 Leute in Rahden

Die NPD darf heute im nordrheinwestfälischen Rahden, 30 Kilometer von Minden, ihren Bundesparteitag durchführen. Gestern gab das Verwaltungsgericht Minden einem Antrag der neofaschistischen Partei statt, eine Verbotsverfügung der örtlichen Ordnungsbehörde für den Parteitag durch eine einstweilige Anordnung aufzuheben: Die von den Behörden geltend gemachte Befürchtung, durch den NPD-Parteitag würden zahlreiche Gegendemonstrationen nach Rahden und Minden gelockt, die von der Polizei nicht mehr zu kontrollieren seien, reiche für ein Verbot des Parteitags nicht aus, argumentierten die Mindener Verwaltungsrichter.

Unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung legte die Mindener Ordnunsgehörde zwar Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ein, dessen Entscheidung lag aber auch bei Redaktionsschluß noch nicht vor, weil die notwendigen Akten mit einem PKW von Minden nach Münster gebracht werden mußten. Dort saßen die Richter mehrerer Senate ab 15 Uhr und drehten Däumchen, weil „das Verwaltungegericht Minden leider keinen Telekopierer besitzt“, wie ein Sprecher des OVG erklärte.

Verwaltungsjuristen gingen gestern abend allerdings davon aus, daß dem OVG vermutlich gar nichts anderes übrig bleibe, als die Entscheidung des Verwaltungsggerichts zu bestätitgen. Schließlich sei die NPD als zugelassene Partei zu einem Bundesparteitag verpflichtet. Da nicht ihr, sondern den erwarteten Gegendemonstranten die Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen werde, könne man den NPD -Parteitag kaum untersagen.

Die NPD-Parteiführung hatte sich gestern schon vor der Urteilsverkündung auf die Gaststätte „Letzter Heller“ in Rahden festgelegt. Den offiziell erwarteten 1.000 Delegierten und Gästen sei eine kurzfristige Umorientierung ohnehin nicht zuzumuten. Für alle Fälle hatte der niedersächsische Landesverband der NPD gestern auch eine Demonstrations-Genehmigung in Osnabrück beantragt. Von 11 bis 13 Uhr plante die NPD am dortigen „Jürgensort, ersatzweise auf dem Rathausvorplatz“ eine Kundgebung mit ca 500 Teilnehmern. Ab 8 Uhr wollte die NPD außerdem vier Informationsstände an den Kaufhäusern Bergmann, Schäffer, vor „Ihr Platz“ in der Krahnstraße aufstellen. Das Osnabrücker Ordnungsamt versagte den NPD-Veranstaltungen gestern die Genehmigung.

Haupttagesordnungspunkt des NPD-Parteitags: „Bündnisstrategien innerhalb des Nationalen Lagers“. Nach dem Berliner Wahlerfolg der Republikaner sollen offensichtlich Strategien für eine einzige ultrarechte Liste für die Europawahlen diskutiert werden. Bislang wollen die Republikaner mit einer eigenen Liste gegen die gemeiname Liste von NPD und DVU antreten. Auf ihr hat die DVU die Plätze 3, 6 und 9 für NPD-Vertreter reserviert. Außerdem will die DVU die NPD bei den Hessischen Landtagswahlen unterstützen und auf eine eigene Kandidatur verzichten. Nach den Bremer und Berliner Erfolgen rechnen die Neonazis mit einem Wählerpotential von „bis zu 30 Prozent“.

K.S.

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