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Bitteres Jubiläum in Khomeinis Iran

Die islamische Republik feiert den 10.Jahrestag der Revolution / Weitere Meldungen über Hinrichtungen  ■  Von Beate Seel

Berlin (taz) - Zehn Jahre nach dem Sturz der Schah-Diktatur verkörpert Ayatollah Khomeini für viele seiner damaligen Anhänger nicht mehr den Engel, der den Teufel Reza Pahlawi vertrieb, sondern ist selbst zum Inbegriff des Bösen geworden.

Die Revolution, die versprach, den Himmel auf Erden herbeizuführen, ist heute längst überschattet von acht Jahren Krieg und der jüngsten Hinrichtungswelle. Ihr sind seit dem Waffenstillstand im Golfkrieg mehrere tausend politische Gefangene zum Opfer gefallen. Doch im Iran laufen die Vorbereitungen für die Feier zum Ruhme der Revolution.

Zeitgleich wies der Pen-Club auf die drohende Hinrichtung der beiden zum Tode verurteilten iranischen Schriftstellerinnen Mariam Ferouz (80) und Malekeh Mohamadi (60) hin. Beide waren vor sieben Jahren festgenommen worden.

Mariam Ferouz war auch Generalsekretärin der „Demokratischen Frauenvereinigung“ und Chefredakteurin der Frauenzeitschrift 'Die Welt der Frau‘. Malekeh Mohamadi arbeitete als Journalistin für 'Donia Mardon‘, ein Blatt, das sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Arbeitern einsetzte.

Die Bundesregierung protestierte gestern gegen die anhaltenden Hinrichtungen und forderte die Führung in Teheran auf, den Sonderberichterstatter der UNO -Menschenrechtskommission einreisen zu lassen. Doch mittlerweile dürften die Gefängnisse weitgehend leergeschossen sein. Bereits im Dezember hatte amnesty international eine Dringlichkeitsaktion für zwei weitere von Hinrichtungen bedrohte Frauen gestartet.

Khomeini, der heute wegen der Menschenrechtsverletzungen im Iran angegriffen wird, faszinierte während der Revolution als skrupelloser und gewiefter Politiker nicht nur die islamische und laizistische Linke. Auch andere zeigten sich beindruckt. Der französische Philosoph Michel Foucault sprach von der „großartigsten Explosion aufgespeicherter Energien zur Veränderung der Welt“.

Die Menschenrechtsverletzungen im Iran sind heute zum zentralen Thema der iranischen Oppositionsgruppen im Ausland geworden. Dabei war die Frage der Menschenrechte für die islamische und laizistische Linke in der Zeit des Umsturzes eher ein „Nebenwiderspruch“. Wirtschaftliche und soziale Fragen waren damals neben dem Anti-Amerikanismus ihre Hauptthemen. Heute scheinen sie in Vergessenheit geraten zu sein. Das liegt auch daran, daß die Opposition außerstande ist, eine realistische Alternative zum Khomeini-Regime auf die Beine zu stellen.

Die „Erniedrigten und Beleidigten“ im Iran, denen soziale Gerechtigkeit versprochen worden war, bekamen schon kurz nach dem Umsturz von Khomeini zu hören, daß sie die Revolution nicht für Wassermelonen gemacht hätten. Die Bevölkerung steht heute schlechter da als jemals zuvor. „Unseren überzeugten Moslems geht es nicht darum, wie sie leben, sondern darum, wie sie sterben“, lautet beispielsweise das Credo des Obersten Richters Ayatollah Mussawi-Ardebili.

Die immensen wirtschaftlichen und sozialen Probleme waren es schließlich auch, die die iranische Führung im Sommer letzten Jahres zum Einschwenken auf die Waffenstillstandsresolution der UNO im Golfkrieg veranlaßten. Im Rückblick meinten iranische Spitzenpolitiker in Interviews zum 10.Jahrestag, Iran hätte sich mit dem im Krieg angestrebten Ziel, den irakischen Diktator Saddam Hussein zu stürzen, übernommen. Die Kehrtwende scheint vollzogen: Der Export der islamischen Revolution ist beendet, der Aufbau der „Islamischen Republik in einem Land“ kann beginnen.

(Am heutigen Samstag um 11 Uhr findet auf dem Frankfurter Paulsplatz eine Protestdemonstration gegen die Hinrichtungen im Iran statt. Anschließend Podiumsveranstaltung im Gewerkschaftshaus Wilhelm-Leuschner-Straße.)

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