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Auch eine Zeitmaschine

■ „Rembrandt lacht“ von Jon Jost

„Rembrandt war kein fröhlicher Mensch“, sagt Jon Jost, „höchstwahrscheinlich deshalb, weil er das Leben zu ernst nahm.“ Doch am Ende lacht Rembrandt in Josts Film - wer mag wissen, worüber - schaut uns mit freudig offenen Lippen von einer kleinen Radierung aus an, die in Wirklichkeit, d.h. im Film nur eine Fotokopie ist. Sein Gelächter schallt aus der Zukunft herüber, denn Rembrandt lacht ist auch eine Zeitmaschine, die ihr eigenes Motto aufhebt: dem Film voran steht Kierkegaards Satz: „Verständlich ist das Leben nur im Rückblick, aber gelebt wird vorwärts.“ In diesem Sinn hat Jost Leben produziert - sein Film beginnt in der Jetztzeit des Drehbeginns und endet im April 1989.

Das Spiel mit den Zeiten reicht bis in die Produktion hinein. Jost besorgt sich hochempfindliches Fuji-16mm -Umkehrmaterial, das schon seit 10 Jahren überlagert ist. Mit einer Handvoll von Freunden dreht er „in einem entspannten, zwanglosen Prozeß“ für knappe 10.000 Dollar gegen jegliches Mindesthaltbarkeitsdatum an. Es ist ein subjektiver Film, der von blauen Steinen, Computermusik, gescheiterten Ehen, Joints und Parksünden erzählt, und er ist auch das Gegenteil: ein Konzeptfilm voll struktureller Manierismen, in denen das Leben gar nicht die ihm eigentümlichen Kurven drehen darf. Da lastet Theorie auf schön schlichten Bildern, deren ständiger Blaustich (das Meer im Hintergrund z.B.) mit einem permanenten roten Farbakzent (Claires Kopf) konkurriert.

Im Vorspann zitiert Jost ausgiebig aus einem Text von Marcel Brion: “... da (Rembrandt) das Gefühl der Sterblichkeit nicht transzendieren konnte, ... blieb er ein Gefangener... seines sterblichen, unersättlichen, untröstlichen Fleisches. Somit wurden Raum und Zeit für ihn zu Dimensionen einer Zelle.“

An sieben verstreuten Tagen erzählen sich Claire, Martin, Daniel und Roger ihre Geschichten über den Lauf der Dinge und ihren Stand, überlegen, ob es das Geräusch eines mitten im Wald umfallenden Baumes wirklich gibt, wenn niemand es gehört hat, überlegen, wie man einem vierjährigen Kind erklärt, daß wir 173.000 Jahre hinter einem explodierenden Stern herhinken, den man eben als Supernova am Himmel sehen konnte und daß es dennoch möglich wäre, daß von dem in ihm enthaltenen Eisen sich unser Blut rot gefärbt hat - sie überlegen so lange herum, bis sie herausbekommen, daß ihre eigenen Weltentwürfe nur dann nicht den wissenschaftlichen Erklärungsmustern unterlegen sein werden, wenn Liebe, Trost und Mitgefühl die Korrektive in einer Welt sind, die noch immer vom Urknall geschüttelt wird und nur klümpchenweise ihre Menschlichkeit aus der rohen Urmaterie, dem Chaos, gewinnt. Das will der Film erzählen - es wäre schön, wenn er es geschafft hätte. Aber die Kraft seiner Bilder versiegt gegen Ende. Die „humane Gestaltung“ und der moralisch -soziopolitische Impetus, auf den Jost abhebt, bleiben Worte eines Regisseurs nach der Premiere. Er hat sie zu Anekdoten, zu Filmtexten umgearbeitet, hat sie mit einer Philosophie beschwert, die weder tief gräbt noch unterhaltsam daherkommt. Diese Texte befinden sich im Widerspruch zu den mitunter beeindruckend reduzierten Einstellungen, überschwemmen die Bilder wortreich und gewollt originell und laugen sie damit letztlich aus.

Olaf Arndt

Rembrandt lacht, Regie: Jon Jost

Darsteller: Jon A. Englisch, Barbara Hammers u.a., USA 1989, 100 Min. Farbe, Produktionszeit: ca. 5 Wochen

Premiere: 12.2. Akademie; WDH: 14.2., Delphi, 21.45 Uhr und 15.2., Arsenal, 15.00 Uhr

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