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Entkrampfung

■ Der „runde Tisch“ und die Außenpolitik

Der Warschauer Historiker Adam Michnik war stets der Ansicht, es sei kurzsichtig, wenn Moskau nur die polnischen Kommunisten als Ansprechpartner anerkenne. Jetzt, da die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei ganz offiziell von ihrem vierzig Jahre gehegten Anspruch, alle Polen zu vertreten, abrückt, ist Michniks These aktueller denn je. Auch in Moskau scheint man das zu erkennen. Die Berichterstattung über den „runden Tisch“, über Solidarnosc und die Opposition ist dort viel ausgewogener geworden als zu Breschnews Zeiten. Letzte Woche kamen sogar Lech Walesa und Adam Michnik selbst in einem Interview einer großen sowjetischen Wochenzeitung ausführlich zu Wort. Daß die offiziellen Lippenbekenntnisse meist nur die in beiden Staaten vorhandenen Ressentiments zugedeckt haben, scheint nun auch den Führungen in Warschau und Moskau klar zu werden.

So ist wohl auch die offizielle Genehmigung für eine polnische Stalinismus-Kommission nach dem Vorbild der Moskauer Memorial-Bewegung zu verstehen. Der Vorgang könnte sich gleich doppelt als heilsam erweisen. In Polen nämlich hat Stalinismus-Bewältigung häufig eine antisowjetische, manchmal auch antirussische und antisemitische Komponente. Gerade deshalb wäre es gut, wenn die Stalinismus-Debatte in Polen nun offen und unzensiert stattfinden könnte, auch über das symbolbehaftete Thema Katyn. Nur das würde den Nationalisten den Wind aus den Segeln nehmen. So birgt die innenpolitische Entkrampfung in Polen auch Chancen für eine neue Qualität der polnisch-sowjetischen Beziehungen.

Klaus Bachmann

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