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Schauprozeß gegen DVU-Feind geplatzt

■ Kein Beweis für Sachbeschädigung an rechtsradikalen Reklame-Tafeln / Prozeß gegen Jobst P. auf Staatskosten eingestellt / Staatsanwalt wollte „generalpräventive Wirkung“ und fand nur Zeugen mit Gedächtnislücken

Eigentlich wollte Polit-Staatsan walt Hans-Georg von Bock und Polach gestern einen Prozeß mit „generalpräventiver Wirkung“ führen. Exemplarisch sollte antifaschistischen BremerInnen vor Beginn des Europa -Wahlkampfes gezeigt werden, mit welcher Strafe sie rechnen müssen, wenn sie rechtsradikale Reklame unschädlich machen. So hatte von Bock es jedenfalls in einer langen Erklärung zu Beginn der Verhandlung gegen den DVU-Gegner Jobst P. vor dem Amtsgericht angekündigt. Doch heraus kam nach über zweistündiger Verhandlung die kleinlaute Einstellung des Verfahrens auf Staatskosten. Denn die beiden Polizisten, die Zeugen der angeklagten Sachbeschädigung an DVU-Stelltafeln gewesen sein sollten, konnten sich vor Gericht an wesentliche Einzelheiten nicht mehr erinnern und verwickelten sich in Widersprüche.

„Ich habe noch nie ein DVU-Plakat beschädigt“, hatte Jobst P. gleich zu Beginn der Verhandlung versichert. Allerdings habe er große Sympathie für diejenigen, die 1987 im Bremer Wahlkampf DVU-Stellwände übermalten. Viele von ihnen hatten ihn zum Gericht begleitet. Insgesamt gut 50 Mitglieder der VVN,

Klöckner-Betriebsräte, die Ortsverwaltung der IG-Metall, der SPD-Unterbezirksvorsitzende Armin Stolle und weitere AntifaschistInnen forderten schon vor der Tür die Einstellung des Verfahrens.

„Ich habe Plakate übermalt, ich halte das für Notwehr“ trug ei

ner von ihnen in großer Schrift vor dem Bauch. Als „ein Stück radikaldemokratischer Kultur“ bezeichnete VVN-Sekretär Volker Homburg unter Applaus die Aktionen gegen rechtsradikale Reklame. Viele der ProzeßbesucherInnen fanden keinen Platz mehr im Gerichtssaal. Der Applaus für

die Entscheidung des Amtsrichters Nordhausen, das Verfahren auf Staatskosten einzustellen, war trotzdem laut.

Insgesamt 72 Strafanzeigen aller Parteien habe es im Bürgerschaftswahlkampf wegen Sachbeschädigung an Partei -Plakaten gegeben, teilte von Bock in seiner

Erklärung mit. Vier TäterInnen seien ermittelt worden und hätten Strafen zwischen 200 und 600 Mark bezahlt. Zahlreiche mehr oder weniger prominente TeilnehmerInnen an Übermalaktionen von DVU-Plakaten hatten dagegen nur ein mahnendes Schreiben des Staatsanwalts bekommen, in dem ihnen „hochachtungsvoll“ mitgeteilt worden war, daß die Verfahren gegen sie eingestellt seien.

„Bußgelder habe ich nur für die Zerstörung von Plakatträgern beantragt“ erläuterte von Bock gestern sein Vorgehen. „Mit solchen Aktionen wird man nur die Meinung der Leute bestätigen, die schon zum rechtsradikalen Potential gehören“, hatte er auch einen politischen Grund dafür. Diese Taktik lehnt Jobst P. jedoch ab: „In der Weimarer Republik wurde auch versucht, Hitler ins Leere laufen zu lassen; wir müssen jetzt klare Grenzen ziehen.“

Dieses Argument habe er auch am Abend des 15. Juli 1987 auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke in die Diskussion geworfen, die eine PassantInnen-Gruppe vor einem der DVU-Plakate führte. Beschädigt wurde es dann - entgegen des Vorwurfs in der Anklage - jedoch nicht.

Dirk Asendorpf

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