Rabta: Zurück an den Absender !

Bonn soll Giftgas-Anlagen zurückverlangen SPD befürchtet militärischen Schlag der USA gegen Rabta  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die US-Regierung erwägt nach Ansicht des SPD-Abgeordneten Norbert Gansel weiterhin einen militärischen Angriff gegen die libysche Chemie-Fabrik Rabta. In der gestrigen Bundestagsdebatte zur Libyen-Affäre forderte Gansel die Bundesregierung auf, die von deutschen Firmen gelieferten Anlagenteile zurückzuverlangen, um damit die Produktion von Kampfstoffen zu verhindern und den USA die Begründung für einen militärischen Schlag zu nehmen.

Während das Auswärtige Amt darauf verweist, die US -Regierung habe eine Militäraktion ausgeschlossen, sieht Gansel hinter einer neueren Äußerung von US-Präsident Bush „die unverhohlene Drohung, die libysche Giftgasfabrik vor ihrer Inbetriebnahme zerstören zu wollen“. Bush hatte in dieser Woche erklärt, die Inbetriebnahme wäre nicht akzeptabel und „eine Bedrohung“. Gansel verwies darauf, daß der im Mittelmeer operierende amerikanische Flottenverband mittlerweile verstärkt wurde und mit Tomahawk-Raketen bestückt sei, die von ihrer Anzahl und Reichweite her in der Lage seien, die Fabrik aus einer Entfernung von 150 Meilen zu zerstören. Der SPD-Politiker erinnerte daran, daß Kanzler Kohl 1986 den US-Angriff auf Tripolis und Bengasi indirekt verteidigt hatte, indem er zwei Geheimdienstmeldungen über die angebliche libysche Verantwortung für die Zerstörung der Berliner Diskothek „La Belle“ zu „beweisfähigen Quellen“ ernannte. Die SPD hoffe, so Gansel, daß „niemand in der Regierung die zynische Rechnung anstellt“, das jetzige Problem mit einem amerikanischen Raketenschlag billig und schnell lösen zu können. Gansel forderte Wirtschaftssanktionen gegenüber Libyen; auch sei Gaddafi völkerrechtlich verpflichtet, die rechtswidrig bezogenen Komponenten zurückzugeben.

Im Auswärtigen Amt hieß es Fortsetzung auf Seite 2

Ermittlungen eine genaue Auflistung der Lieferungen vorliege. Entscheidend sei vielmehr - auch nach Ansicht der US-Regierung -, daß die libysche Fabrik nicht ohne

die Lieferung chemischer Vorprodukte in Betrieb gehen könnte.

Für Überraschung sorgte in der Debatte der grüne Abgeordnete Mechtersheimer, der im Gegensatz zu seiner Fraktionskollegin Beer betonte, es gebe bisher keine Belege für eine geplante C-Waffen-Produktion in Rabta. Außenminister Genscher dementierte gestern, daß es in der Behandlung dieser Angelegenheit sachliche Differenzen in der Bundesregierung gegeben habe. Die Grünen fordern einen Untersuchungsausschuß; jedoch wird dem Antrag voraussichtlich die notwendige Unterstützung der SPD fehlen.

Ein verantwortliches Mitglied der Imhausen-Chemie hat am Donnerstag einen Selbstmordversuch unternommen. Dies teilte die Lahrer Polizei am Freitag mit. Dabei handelt es sich um den 60jährigen Karl Renner, Mitglied der dreiköpfigen Geschäftsführung des Unternehmens.