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Öffnung - Apertura

■ Polnischer Kompromiß und spanische Erfahrungen

Für viele Oppositionelle des Ostens stand es für lange Zeit fest: Das kommunistische System ist von innen heraus nicht reformierbar. Und während der siebziger Jahre blickte mancher Osteuropäer neidisch auf Spanien, wo das frankistische Regime Stück für Stück geöffnet wurde, bis hin zur parlamentarischen Demokratie. Im Westen schlugen sich Konservative und auch manche Sozialdemokraten an die Brust. Das Beispiel Spanien paßte gut in den sich verstärkenden Antikommunismus der beginnenden Reagan-Ära. Sogar in Polen gab es Stimmen für die westliche Aufrüstung, in der Hoffnung, das Regime Jaruzelskis von außen auf die Knie zu zwingen.

Gorbatschow und die durch seine Politik auch in Polen mögliche Öffnung haben solche im Rahmen des Systemkampfes geführten Debatten heute unbrauchbar gemacht. Doch könnte die spanische Erfahrung mit der Apertura, der Öffnung, Fingerzeige für die Entwicklung im heutigen Polen geben. Denn in Spanien war und im heutigen Polen ist die Arbeiterbewegung der Motor für die Erneuerung. Konnten die Comisiones Obreras, die Arbeiterkommissionen - die heute zu einer kommunistischen Richtungsgewerkschaft geschrumpft sind - kurz vor Francos Tod jederzeit zumindest regionale Generalstreiks organisieren, so bezweifelt im heutigen Polen erst recht niemand den Einfluß von Solidarnosc in den Betrieben. Und auch das ist eine Analogie: Das frankistische System in Spanien war ein Hemmschuh für die Wirtschaftsreform. In Polen ist die Reform an Haupt und Gliedern nur dann vollständig, wenn sie die hemmenden Strukturen zur Entwicklung der Wirtschaft beseitigt.

Polnische Theoretiker wie Adam Michnik wissen um diese Ähnlichkeiten. Auch ihnen geht es um das übergeordnete Ziel, einen Übergang ohne Rupturas, ohne Erschütterungen, zustande zu bringen. Walesas Verhalten ist ein Beweis dafür. In Spanien wurde nach dem Tode Francos der Weg von der Konfrontation zur Zusammenarbeit zwischen Opposition und Regierung erreicht, als die Reformkräfte in der Regierung zusammen mit dem König Juan Carlos die Politik der Versöhnung glaubhaft machen konnten. Die Wiederzulassung der verbotenen und im Untergrund operierenden Parteien, auch die der kommunistischen, waren damals das Signal für den Neubeginn. Wenn die KP Polens jetzt bereit ist, ihr Machtmonopol aufzugeben, hätte auch sie die Lektion aus der spanischen Geschichte gelernt. Noch bleiben in Polen allerdings diejenigen im Hintergrund, die in Spanien politisch am meisten von der Öffnung profitierten: die Sozialdemokraten. Es wäre nicht verwunderlich, wenn in der Baracke wie vor 1976 intensiv an einem polnischen Gonzalez modelliert würde.

Erich Rathfelder

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