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Doch Asyllager in Hafenbaracken

■ Sozialsenator will mit „Obdachlosen-Polizeirecht“ Wohnraum für Flüchtlinge beschlagnahmen SPD-Landesvorstandsbeschluß bleibt wirkungslos / Beauftragte für „Neubürger“ soll helfen

In die Hafenbaracken neben der Giftmüllfirma Plump sollen nun doch AsylbewerberInnen eingewiesen werden. Sozialsenator Henning Scherf erklärte gestern,

daß es angesichts des engen Bremer Wohnungsmarktes unmöglich sei, ohne solche Notunterkünfte alle Flüchtlinge unterzubringen. Erst am 3. Februar hatte

der SPD-Landesvorstand beschlossen, daß es in Bremen auch in Zukunft keine „Sammellager für ausländische Flüchtlinge“ geben soll. Der Plan, den Gröpelin

ger Hafenbaracken, in denen früher portugiesische Hafenarbeiter untergebracht waren, nun für Asylbewerber zu nutzen, schien damit „gestorben“ (vgl. taz vom 8.2.).

„Das Thema Sammellager ist noch nicht abgehakt“, sagte Scherf dagegen gestern vor der Presse und wurde dann konkret: „Alle Hotels - auch die fragwürdigen - sind randvoll; ich kann nicht mehr ausschließen, daß wir in den nächsten Tagen vom Obdachlosen-Polizeirecht Gebrauch machen müssen.“ Dieses Gesetz gibt dem Sozialsenator die Möglichkeit, leerstehenden Wohnraum zu beschlagnahmen. Als erstes Objekt wurden dafür die Baracken an der Hafenrandstraße ausgewählt. „Mehrere hundert neue Asylbewerber“ erwartet Scherf seit Tagen in Bremen. Wenn sie wirklich kommen, sieht er keine Alternative mehr zum Sammellager. „Das ist extrem unangenehm“, sagte er, „doch einer in der Stadt muß es ja sagen.“

Daß es in Bremen tatsächlich so aussichtslos ist, Wohnungen für AsylbewerberInnen zu mieten, hatte erst im November die Arbeiterwohlfahrt (AWO) bestritten. Ihr waren von Maklern zahlreiche - allerdings nur kleine - Wohnungen angeboten worden. Für die Unterbringung größerer Familien forderte die AWO damals den Aufkauf von Häusern durch den Senat. Auch der SPD-Landesvorstand hatte auf diese Möglichkeit hingewiesen. Doch Scherf forderte gestern zunächst ein Wohnungsbau Programm der Bundesregierung, das dann mit Bremer Mitteln ergänzt werden soll.

Gestern abend bereiteten die „Gröpelinger Initiative“ und die „BremerInnen gegen Neofaschismus“, die „Initiative Freie Flüchtlingsstadt“ und die Grünen eine Aktion gegen das erste Bremer Sammellager vor, die schon morgen stattfinden soll.

Seine schlechte Nachricht für AsylbewerberInnen ergänzte Scherf gestern mit einem guten Vorsatz: Noch bis Mitte diesen Jahres will er in Bremen eine Beauftragte für Bremer „Neubürger“ schaffen. Sie soll sich - ähnlich wie die Frauenbeauftragte Ursula Kerstein für Frauen - für alle BremerInnen fremder Paßfarbe einsetzen: für AussiedlerInnen, ArbeitsemigrantInnen und Flüchtlinge. „Die Rechte dieser Menschen dürfen nicht angetastet werden“, schrieb Scherf in seine Presseerklärung. Im Gegenteil: Es gäbe „dringenden Bedarf zur Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft.“

Auf die Frage, welche konkreten Projekte Bremen seit dem Wahlerfolg der ausländerfeindlichen DVU im September 1987 in dieser Richtung verwirklicht hat, verwies Scherf auf ein dickes Arbeitspapier des Senats (vgl. untenstehenden Kasten). Außerdem lobte der Bürgermeister die integrative Arbeit der Gröpelinger „Initiative gegen Neofaschismus“. Spätestens bei der Aktion gegen das Sammellager wird er sie wiedertreffen.

Dirk Asendorpf

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