Verleger gesucht

Die Morddrohung gegen Salman Rushdie scheint einen veritablen Konflikt zwischen deutschen Autoren und Verlegern auszulösen. Während Hans Magnus Enzensberger am Sonntag abend in der ARD-dem Kiepenheuer&Witsch-Verleger Neven DuMont „Feigheit“ vorwarf, weil er die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung vorerst abgesagt hatte, stellte sich der Vorstand des Börsenvereins des deutschen Buchandels gestern in einer Presseerklärung vorbehaltlos hinter den Verlag. Tenor: der eigentliche Skandal sind die Morddrohungen.

Die Äußerungen von Autoren, so Geschäftsführer von Notz, seien „unangemessen“, die Formulierungen von Enzensberger scharf abzulehnen. Ein Boykott gegen seinen Verlag, von einer Reihe deutscher Autoren angedeutet, sei „eine ganz abstruse Vorstellung“.

Weder der Börsenverein noch beispielsweise der Verband der Verleger Nordrhein-Westfalens haben bislang erwogen oder auch nur diskutiert, ob nicht die Verlage insgesamt - so wie es von französischen Verlagen erwogen wird - das Buch von Rushdie herausbringen. Von Notz hält dies bestenfalls „für einen möglichen Weg„; man wolle aber „warten, ob unser Mitglied Kiepenheuer&Witsch auf uns zukommt“.

Dies scheint jetzt der Fall: Neven DuMont erklärte gegenüber der taz, er würde eine solche gemeinsame Herausgabe unterstützen. Wenn sich etwa ein Dutzend Schriftsteller bereitfänden, als Mitherausgeber des Buches zu fungieren, wäre dies für ihn „eine neue Situation“.

Nach den Vorstellungen der Grünen sollen allerdings gleich die Politiker als Verleger auftreten. Die Grünen bereiten jedenfalls einen Antrag vor, wonach der Bundestag die Satanischen Verse herausgeben soll. Und ihr Abgeordneter Schily wiederholte seine Forderung an den Außenminister, das deutsch-iranische Kulturabkommen zu kündigen. Genscher teilte am Rande der EG-Außenministertagung immerhin mit, daß die EG-Staaten vorerst auf das Zusammentreffen mit hohen iranischen Vertretern verzichten werden.

Auch die SPD-Fraktion bereitet für die Bundestagsdebatte am Mittwoch einen Antrag vor, der Grundlage für eine Entschließung aller Parteien sein soll. In einem allgemeinen Teil soll da die Politik der iranischen Regierung verurteilt werden. Der Gedanke einer multikulturellen Gesellschaft werde geschädigt.

Im übrigen will die SPD die Bundesregierung lediglich auffordern, ihre weiteren Schritte darzulegen. Der SPD -Abgeordnete Ehmke betonte, es sei im Augenblick wenig sinnvoll, der Regierung konkrete Schritte abzuverlangen, da auch eine solche Entschließung auf eine gemeinsame Reaktion der EG-Staaten zielen und deswegen besser nicht mit besonderen Elementen des deutsch-iranischen Verhältnisses belastet werden solle.

Klaus Hartung