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Neofaschismus im Alltag

■ Auch die kleinsten Nazis wittern wieder Morgenluft

Die Zeugen sehen - wie damals - weg, als ob sie nichts gehört hätten. Eine fast „banale“ Situation: (...) Abends um halb neun im Bus 25. An einen Sitz gelehnt, sprach ich mit einem Freund. Die alte Frau auf dem Sitz: „Lehnen Sie sich nicht so an mich ran!“ Ich hatte sie vielleicht ein wenig berührt. Ich äußerte mich: „Mach ich doch gar nicht.“ Die Frau gab sich damit nicht zufrieden. (...) Es entstand eine kleine Auseinandersetzung, an deren Schluß sie sagte: „So was wie Sie müßte vernichtet werden! Unter Hitler wäre so etwas nicht passiert!“ (...) Die anderen Fahrgäste schauten betreten zur Seite und taten, als hätten sie nichts gehört.

Makabre Beigabe des Zufalls: Aussteigen mußte ich an der Haltestelle, wo man den bemalten Bunker in der Admiralstraße sieht, auf dem die Vernichtung der Nazigegner so anschaulich dargestellt ist.Mein erster Gedanke: „Nicht aufregen. Es lohnt sich nicht!“ werden viele sagen. „Vielleicht ist diese alte Dame nicht ganz richtig im Kopf!“ Doch diese Begebenheit läßt mich darüber nachdenken, wie weit mit uns eigentlich schon wieder gekommen ist. Wieviele Leute gibt es denn wohl, die „nicht ganz richtig im Kopf“ sind? In Berlin sind es immerhin 8 Prozent.

(...) Was hat nicht schon alles scheinbar banal angefangen! Wir sollten Augen und Ohren offenhalten! Der schleichende Neofaschismus lauert auch in Ecken, wo man ihn gar nicht vermutet. Und wieder woll's kaum einer gemerkt haben. Die Situation hat mich erschreckt, überrascht und überfordert. Ich (...) weiß auch im Nachhinein nicht, wie ich mich korrekterweise hätte verhalten sollen. Wer kann mir raten?

Ursula Becker

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