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Winnie Mandela - Frau ohne eigenes Leben

Die Frau des Anti-Apartheid-Führers Nelson Mandela wurde als Vertreterin ihres Mannes zur Symbolfigur stilisiert  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Seit sie 1958 im Alter von 22 Jahren den ANC-Führer Nelson Mandela heiratete, hat Winnie Mandela kein eigenes Leben mehr führen können. Sogar für die Hochzeit mußte sich Nelson Mandela eine Sondergenehmigung beschaffen, um von einem Hochverratsprozeß in Pretoria, beurlaubt zu werden. Kurz nach seinem Freispruch in diesem Verfahren ging Mandela in den Untergrund - und seine Frau Winnie mußte ohne ihn auskommen.

Sie zog zwei kleine Töchter auf, verdiente gleichzeitig ihr Geld als Sozialarbeiterin. Das Leben ohne ihren Mann wurde zum Dauerzustand, als Nelson Mandela 1962 festgenommen und 1964 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Plötzlich mußte Winnie Mandela den Mann, den sie noch immer nur flüchtig kannte, in der Weltöffentlichkeit vertreten.

Es wurden harte Jahre: ständig wurde sie durch die Polizei belästigt, ihre Aktivitäten wurden permanent eingeschränkt. 1970 klagte man sie wegen „Terrorismus“ an. 1976 wurde sie im Zusammenhang mit den Schüleraufständen in Soweto festgenommen. 1977 versuchte das Apartheid-Regime, sie endgültig aus dem Verkehr zu ziehen, indem man sie in das abgelegene Burendorf Brandfort verbannte.

Doch im Laufe all dieser Jahre wurde Winnie Mandela offenbar immer stärker. In Brandfort hatte sie zahlreiche prominente Besucher, und statt sie zum Schweigen zu bringen, verschaffte die Verbannung ihr international zusätzliches Ansehen. Und auch die Beziehung zu Nelson Mandela blieb trotz aller Belästigungen überraschend eng und intim. „Was du vielleicht nicht weißt, ist, wie oft ich an dich denke und mir im Geist all das vorstelle, was dich körperlich und seelisch ausmacht“, schrieb Nelson Mandela 1976 an seine Frau.

Die ersten Probleme tauchten auf, als Winnie Mandela 1985 nach monatelangen Auseinandersetzungen mit dem Regime endlich wieder in Soweto leben und öffentlich auftreten durfte. Jahrelang von den politischen Entwicklungen an der Basis in Südafrika isoliert, konnte sie sich nicht integrieren. Anfangs wurde sie als Vertreterin ihres Mannes fast angebetet, als „Mutter der Nation“ gefeiert. Doch dann setzte sie sich immer häufiger über ihre Berater hinweg, gab Erklärungen ab, die mit niemandem abgestimmt und politisch unklug waren. Vielleicht waren es genau die Jahre des erzwungenen Alleingangs, die ihren Individualismus so weit getrieben hatten, daß sie sich nun nicht mehr in einen demokratischen Prozeß einfügen konnte.

Und offenbar hatte sie das Leben der Härte satt. Für eine Vertreterin der Armen war das politisch zwar nicht opportun. Dennoch - sie sehnte sich nach Luxus, baute eine große Villa in Soweto und umgab sich mit einer eigenen Leibgarde, dem „Mandela Fußballklub“.

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