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Schackow & Co.

■ Zweite Auflage des Korruptionsprozesses gegen Ex-Finanzstaatssekretär

Wie ein Lauffeuer ging gestern im Kriminalgericht Moabit das Gerücht um, die Verteidiger des Ex-Staatssekretärs Günther Schackow (CDU) und dessen Mitangeklagten hätten am gestrigen ersten Prozeßtag eine schwere Niederlage eingesteckt. Tatsächlich war es so, daß die renommierten Anwälte Ziegler, Jungfer, Portius und Baumeyer umfangreiche Befangenheitsanträge gegen die 14.Strafkammer gestellt hatten, die von der Vorsitzenden Richterin Moritz als unzulässig zurückgewiesen wurden, weil sie „verspätet“ gestellt worden seien. Die Verteidiger reagierten mit einem Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens und kündigten für den Fortsetzungstermin am kommenden Freitag einen weiteren Befangenheitsantrag an.

Der Ex-Finanz-Staatssekretär Günther Schackow und die früheren Geschäftsführer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“, Adolf Blasek und Gert Benger, stehen wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit und Untreue vor Gericht. Hintergrund des Prozesses ist die Bestechungsaffäre um das 170-Millionen Bertram-Projekt „Rudower Felder“.

Gestern war die Vorsitzende Richterin Moritz offensichtlich schon darauf eingestellt, daß es zum Beginn des Prozesses wieder Anträge der Verteidigung hageln würde. Als sie sich erkundigte, ob Anträge gestellt werden sollten, verzichteten die Anwälte jedoch. Erst nachdem sie die Angeklagten nach Alter, Beruf, Familenstand und Haftverhältnis befragte, kündigte Verteidiger Portius einen umfangreichen Befangenheitsantrag an. Begründet wurde er damit, daß die Angeklagten kein faires Verfahren zu erwarten hätten, weil das Gericht schon über Bertram geurteilt habe. Dabei hätten sie ausgedealt, daß Bertram für den von ihm angerichteten Vermögensschaden von 17,5 Millonen Mark statt vierzehneinhalb Jahre nur fünf Jahre Haftstrafe bekomme und nach Verbüßung der Hälfte vorzeitig entlassen werde, wenn er ein Geständnis ablege. Die Aussage Bertrams zu Lasten von Schackow, Blasek und Benger sei nicht mit anderen Beweismitteln überprüft worden. Die Urteilschrift gegen Bertrams belege eindeutig, daß Schackow und seine Mitangeklagten von der Kammer vorverurteilt worden seien.

Das Gericht befaßte sich mit diesem Antrag jedoch überhaupt nicht. Laut STPO ist das Ablehungsrecht verwirkt, wenn die Feststellung der Personalien begonnen hat. Die Verteidiger vertreten die Auffassung, daß nur die „Präsenz“ der Angeklagten festgestellt wurde.

plu

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